Wenn es um die Befriedigung von Sensationsgier geht, dann machen (nicht nur) die Boulevardzeitungen keine Gefangenen: Der Berliner Kurier druckt heute auf seiner Titelseite Portraitfotos von acht der 20 Todesopfern der Loveparade ab – nebst Vornamen, verkürztem Nachnamen und Alter. Manche der Fotos machen aufgrund ihrer geringen Auflösung den Eindruck, dass sie einfach aus dem Internet zusammengeklaubt wurden.
Richtlinie 8.1 des Pressekodex besagt:
Bei der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (s. auch Ziffer 13 des Pressekodex) veröffentlicht die Presse in der Regel keine Informationen in Wort und Bild, die eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen würden. Mit Rücksicht auf ihre Zukunft genießen Kinder und Jugendliche einen besonderen Schutz. Immer ist zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse allein können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen.
Ich finde, dass der Kurier ganz klar gegen diese Richtlinie verstößt und die Persönlichkeitsrechte der Opfer und deren Familien mit den Füßen tritt. Ich habe mich daher heute als Denunziant betätigt und eine Beschwerde beim Presserat gegen den Kurier eingereicht. Kann ja nicht sein, dass es nur gegen die Bild geht, über die sich fast 200 Leute deswegen beschwert hatten. Hier der Text der Beschwerde:
Der Berliner Kurier bringt auf seiner Titelseite vom 27. Juli 2010 die Fotos von acht Todesopfern des Unglücks, das sich während der Loveparade ereignete. Die Gesichter sind gut erkennbar und mit dem Vornamen sowie dem abgekürzten Nachnamen betextet. Darüber hinaus machen die Fotos aufgrund ihrer niedrigen Auflösung den Eindruck, einfach im Internet zusammengeklaubt worden zu sein.
Dies stellt m.E. einen Verstoß gegen Ziffer 8.1 (1) des Pressekodex dar. Die Opfer sind gut erkennbar und damit identifizierbar. Die reißerische Aufmachung der Seite dient wohl ausschließlich der Befriedigung von Sensationsbedürfnissen.
Beim Presserat kann man sich jetzt übrigens auch online beschweren.