Ach, Karstadt.

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Foto: Karstadt

Ein Besuch im Düsseldorfer Karstadt, Schadowstraße, ist für mich immer ein Angang – gestern musste er mal wieder sein, denn das Haus hat nach innerer Modernisierung eine (entscheidend notwendige) Metamorphose vor der tickenden Uhr und lockte zur Sasioneröffnung mit großem Brimborium. Während die Branche den Countdown für den Untergang des Warenhauskonzerns herunterzählt, ist in den ersten Häusern die wohl einschneidendste Veränderung seit der Gründung 1881 passiert. Trotz Abtritt des CEO Ende des Jahres ohne bislang benannten Nachfolger, Gerüchte um Verkaufsgelüste des Eigners Berggruen, Studien über die Ignoranz der Stammkunden zu den Veränderungsprozessen, Betriebsrats-Umtriebe, Umsatzrückgänge, aussichtlose Erfolgserwartungen in den Provinzhäusern. Einserseits.

Andererseits: Karstadt hat, entgegen aller Erwartung, eine ordentliche Schippe draufgelegt. Helle und lichte Raumgestaltung trotzt in Düsseldorf dem alten Warenhaus-Kasten, an einem Standort des Grauens, das letzte Mü an Modernität ab. Die Mitarbeiter in den Lifestyle-Abteilungen wirken motiviert und interessiert und werden in ihren (immer noch zu bestaunenden) Dreiergrüppchen hinter den (schlangenfreien) Kassen um einige beratende Kollegen auf der Fläche ergänzt. Auf den ersten Blick haben sich die neuen Kundenbinder hier irgendwie verlaufen – gefühlt gehören sie eher in die Hipster-Stores und man kann sie sich gar so schlecht in der Hauskantine vorstellen, beim Tagesgericht “Balance” die interne Betriebsratszeitschrift lesend.

Nun – es geht ja aber auch ums (Mode-)Sortiment: Wirklich coole Labels hat Karstadt hier versammelt, in Teilen exklusiv in Deutschland. All Saints, The Kooples, Topshop und Topman. Und andere, die neue Kunden zögen – wenn es nicht am Ende doch Karstadt wäre. In der ersten Sommerhälfte residierte in der HAKA noch Farrell an All Saints’ Stätte, komplett durchsortiert, es schien sich niemand dafür zu interessieren. Gestern blieb das Denkmal Robbie Williams’ unauffindbar, wie auch einige andere Brands der ersten Offensive-Stunde des Hauses.

Bleibt zu hoffen, dass die neuen Labels nicht das gleiche Schicksal eines One-Hit-Wonders im Karstadt-Haus erwartet. Und der Plattenvertrag des Alt-Stars Karstadt beim Label Swingin’ London verlängert wird. Und viele neue Fans die Konzerte besuchen.

Eine Liveaufnahme gestern: Die komplett in schwarz gewandete, bildhübsche und multitalentierte (Sales und VM!) Verkäuferin philosohiert zunächst mit zwei verzauberten Aliens (Kategorie Fashion Hipster mit hautengen Leggings) über den Geilheitsgrad des gewaschenen Lederbickerjackets aus Spitalfields, als einer der beiden euphorisch weitere T-Ständer in der Umgebung in Augenschein nimmt – und sich sogleich angewidert vom versehentlich erwischten Brax-Modul abwendet, als hätte er eine tote Ratte gesehen. Und dann noch die Kundin, die verzweifelt nach den Dehnbundhosen für ihren Mann sucht. Und die drei Damen an der Kasse (nachdem ich, nahezu Charity-mäßig, einen schönen nachtblauen Merino-Cardigan für mich aus dem unangetasten Sortiment pickte): “Haben die eigene Tüten?” fragt die eine in die Runde… “Nee, nur ein paar. Und die brauchen wir noch für Samstag und die extra Sonntagsöffnung”.

So fuhr ich dann mit einer raschelnden, blauen Karstadt-Tüte die Rolltreppen hinunter und wäre doch so viel lieber in der Rosenthaler Straße beinahe von Nähmaschinen erschlagen worden. Seidenpapier inklusive.

Ach, Karstadt.


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