Abzocke beim Vorverkauf

Weihnachten steht vor der Tür und zu den beliebtesten Geschenken gehören auch in diesem Jahr Musicaltickets. Gerade zu besonderen Anlässen wie Ostern, Weihnachten oder Valentinstag locken die Anbieter mit Angeboten und animieren, möglichst schnell zuzugreifen. Doch bei der Buchung folgt das böse Erwachen: Das Sternchen am Preis, das eben noch klein und unscheinbar war, wird plötzlich zum großen Problem.

Wer beim Kauf von Musicaltickets einen Blick auf das Kleingedruckte wagt, wird mit Begriffen wie Vorverkaufs- (VVK) und Systemgebühr konfrontiert. Bestimmte Termine werden von Vornherein ausgeschlossen und am Ende werden aus den angebotenen 70 doch wieder 90 Euro.

Zwar lohnen sich Angebote von Stage Entertainment, der Starlight Express GmbH, BB Promotion oder anderen Musicalveranstaltern trotz dieser Einschränkungen und Extrakosten. Ein leichter Beigeschmack bleibt dennoch. Musicalbegeisterten bleibt bei solchen Sonderaktionen nämlich meist keine Wahl. Sie müssen die 10 bis 15 Prozent VVK-Gebühren auf sich nehmen, die bei Konzerten, Musicals und anderen Veranstaltungen anfallen. Und sie müssen eine Systemgebühr von zwei Euro zahlen.

Können Sie die Tickets nicht vor Ort abholen, kommen zusätzliche Kosten für Briefversand oder Hinterlegung an der Abendkasse auf Sie zu. Die liegen bei 2,50 Euro für Tickets, die selbst ausgedruckt oder im Theater hinterlegt werden, 4,90 Euro für den Versand per Standardbrief oder sogar 9,95 Euro für die Expresszustellung.

«Die Leute werden verarscht»

«Mit der VVK-Gebühr werden die Leute ein bisschen verarscht», sagt ein Insider der Musicalbranche, der nicht näher benannt werden möchte. «Aber wenn sie an der VVK-Stelle stehen und statt 29 Euro plötzlich 38 Euro zahlen sollen, dann tun sie das auch. Das ist der Effekt, den die Anbieter damit erzielen.»

Die VVK-Gebühr ist eigentlich eine Art Provision für den Ticketanbieter. Doch laut dem Insider behalten Veranstalter wie Stage Entertainment einen Teil davon für sich. Wie hoch dieser Anteil ist, darüber möchte man beim größten deutschen Musicalveranstalter Stage Entertainment keine Angaben machen und verweist stattdessen darauf, dass die VVK-Gebühr Teil der Gesamtkalkulation sei.

Bei vielen Musicals kommen durch diese Zusatzgebühren schnell 25 Euro extra zusammen: Wer sich etwa Rebecca im Stage Palladium Theater Stuttgart anschauen möchte, muss für eine Karte der Preiskategorie (PK) 2 am Samstagabend 110 Euro auf den Tisch legen – an der Abendkasse, wohlgemerkt. Vorverkauf, Systemgebühr und Versandkosten obendrauf gerechnet, kommen satte 136 Euro für eine Karte zusammen.

Veranstalter bestimmen die Preise

Wie hoch die Preise für Musicaltickets im Einzelnen sind, hängt von Stadt und Theater ab. Bei der Cats Tournee Produktions GmbH heißt es, je nach Platzmieten, Hotelpreisen für die Crew sowie Stromkosten und anderen Faktoren können leichte Differenzen für ein- und dieselbe Show an unterschiedlichen Spielorten entstehen. Während ein Samstagabendticket in Oberhausen und Nürnberg in der zweiten PK bei rund 88 Euro liegt, sind für die gleiche Kategorie in Köln etwa sechs Euro mehr einzuplanen, in Stuttgart kostet das Ticket sogar 105 Euro.

Ursula Fröhlingsdorf, Sprecherin von Stage Entertainment, nennt zwei weitere Punkte, die bei der Preissetzung eine wichtige Rolle spielen: Größe und Bau einer Spielstätte. Während moderne Theater, die extra für Musicals gebaut wurden, von allen Plätzen aus einen guten Blick gewähren, ist das in einem Traditionshaus wie dem Theater des Westens in Berlin nicht der Fall. Letztlich geht es laut Fröhlingsdorf aber immer um zwei Fragen bei der Preissetzung: «Was kann man dafür verlangen und was ist der Kunde bereit zu zahlen?»

Der Insider aus der Branche gibt ein typisches Vorgehen von Musicalveranstaltern preis: «Wenn eine Show erfolgreich läuft, dann werden die Preise ein wenig angehoben oder die Preiskategorien versetzt.» Dann gehe Kategorie eins beispielsweise nicht nur bis zur 20., sondern bis zur 24. Reihe. Folglich springe für den Veranstalter am Ende mehr Geld heraus.

Das funktioniert, weil private Veranstalter wie Stage Entertainment vollkommen frei in ihrer Preisgestaltung sind. Stadttheater und Philharmonien hingegen werden vom Staat subventioniert und dürfen aufgrund des Kulturauftrages eines Landes ihre Ticketpreise nicht allzu hoch ansetzen. Theater sollten schließlich für jeden zugänglich sein, der Steuern zahlt.

Wählerisches Publikum

Trotz des anhaltenden Erfolgs einzelner Stücke sind die Gesamtumsätze des Musicalgeschäfts in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen. Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die der Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (BDV) in Auftrag gegeben hat, lagen sie 2009 bei 539 Millionen Euro und damit 30 Millionen niedriger als 2008.

Das liegt nicht am Interesse der Zuschauer, sondern an der Auswahl der Stücke sowie an der Erwartungshaltung und den Sehgewohnheiten der Leute in den einzelnen Städten, weiß der geheime Branchenkenner. Viele Musicals wie Ich will Spaß oder Der Schuh des Manitu hätten in den vergangenen Jahren das Publikum einfach nicht genug angesprochen und seien deshalb ganz schnell wieder verschwunden. Und: «Ein Stück, das in Oberhausen funktioniert, muss noch lange nicht in Stuttgart funktionieren», sagt er. Auch seien die Berliner viel kosmopolitischer, weltoffener und moderner und würden Stücke dementsprechend anders aufnehmen als die Menschen im Ruhrpott.

Die Preise von Musicaltickets sind jedoch nach wie vor auf einem hohen Niveau. Laut der Studie des BDV gehörten sie 2009 mit durchschnittlich 59 Euro zu den teuersten Musikveranstaltungen. Das Interesse der Menschen ist also da. Und solange das Programm auf der Bühne stimmt, scheint sich das Publikum auch an den nicht immer nachvollziehbaren Preisen und Extrakosten nicht allzu sehr zu stören.

Lesen Sie hier, wie Sie günstig ins Musical Ihrer Wahl kommen.

Quelle:
Nachrichten -
Gesellschaft Nachrichten -
Musicaltickets – Abzocke beim Vorverkauf


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