Das Meer… Anziehungspunkt, andere Welt, unbeschreibliche Kraft. 71 % der Erdoberfläche sind von Meeren bedeckt, eine Lebensgrundlage für unser gesamtes System, aber auch Schauplatz großer Abenteuer. Über die Meere hinweg sind die Menschen gereist, um Kontinente zu entdecken, ihre Ängste überwindend, in tosenden Wellen. Heute schmeißen wir uns mit Surfbrett oder Kite in die Wellen, ein Gefühl von Einheit mit dem Element Wasser, fasziniert von der Unterwasserwelt und entschlossen sie zu beschützen.
Zum vierten Mal in Folge bringt die International OCEAN FILM TOUR diese berauschenden Abenteuer, mutige Menschen mit inspirierenden Geschichten und spektakulären Aufnahmen auf die Leinwand. Seit Anfang März macht das Team rund um die Tour gleich mehrmals Station in über 40 Städten in Deutschland. An dem Filmabend werden insgesamt 7 Filme über etwa 2 Stunden gezeigt. Neben einem unterschätzten Segelprofi, der Schönheit des Kiteboardings und surfen im eiskalten Nordatlantik Islands, ist „Plastikverschmutzung der Meere“ eines der Schwerpunktthemen der diesjährigen Tour. In der Dokumentation A PLASTIC OCEAN gehen die Filmemacher der Quelle des Plastiks auf den Grund und verdeutlichen, welch bedeutenden Einfluss unser Konsum darauf hat.
In diesem Zusammenhang sprachen wir mit Marcella Hansch, Vorstandsvorsitzende und eine der Gründerinnen von Pacific Garage Screening. Im Rahmen ihrer Masterarbeit hat sie bereits an einer „Lösung für saubere Meere“ gearbeitet. Zusammen mit ihrem Team arbeitet sie an einer schwimmende Plattform, deren spezielle Bauweise es ermöglichen kann, Plastikpartikel aus dem Wasser zu filtern. Wie das ganze funktioniert erklärt sie uns im Interview (leicht gekürzt).
Marcella, worum geht es genau beim Pacific Garbage Screening?
Die Idee war ursprünglich die Abschlussarbeit meines Architekturstudiums. Ich habe mich dabei mit Lösungen auseinandergesetzt, wie man es schaffen könnte, den ganzen Plastikmüll aus den Meeren zu bekommen, und habe in diesem Zuge eine Plattform entwickelt, die genau das schafft, die den Müll über einen passiven Prozess herausfiltert und über verschiedene Prozesse energieautark und co2-neutral verarbeitet, um neuen Biokunststoff herzustellen.
Woher stammt der ganze Plastikmüll in den Meeren? Und was ist das gefährliche daran?
80 Prozent des ganzen Mülls, der in den Meeren rumschwimmt, kommt tatsächlich vom Land. Viele denken ja, das sei alles Schiffsmüll, ist es aber nicht. Das meiste wird über Flussmündungen und unsere Küsten hinein getragen. Das heißt also, auch jede Tüte die hier irgendwo in der Kölner Innenstadt rumfliegt, landet irgendwann im Rhein, der Rhein mündet ins Meer und damit landet auch die Tüte irgendwann im Meer. Und das ist ein Riesenproblem, weil die ganzen Teile sich irgendwann zersetzen, immer kleiner werden und sich dann in den Fischen anreichern. Die großen Teile werden zum Beispiel von Schildkröten und Walen gefressen und landen im Magen. Das heißt, die haben irgendwann den ganzen Magen voller Plastik, können dann keine Nahrung mehr aufnehmen und verhungern im Prinzip mit vollem Magen. Das ist das Gefährliche an den großen Teilen. Die kleinen Teile setzen sich in den Mägen von den Fischen ab, da werden dann Toxine freigesetzt, die die DNA der Fische angreifen und verändern. Auch bei den Fischen, die wir beispielsweise essen, ist bei über 90 Prozent bereits Plastik in den Mägen drin, und dann nehmen wir das auf und verändern dadurch im Endeffekt auch unsere DNA.
Wie genau funktioniert die Technologie des Pacific Garbage Screening?
Das Pacific Garbage Screening setzt konkret an, um bestehenden Plastikmüll einzudämmen und sinnvoll wiederzuvergelten. Aber wie lässt sich verhindern, dass überhaupt neuer Plastikmüll ins Meer gelangt?
Man muss dabei an mehreren Punkten ansetzen. Zum einen muss man den vorhandenen Müll aus dem Meer wieder rausholen, denn selbst wenn wir es heute schaffen würden, sämtliche Einträge ins Meer zu stoppen, würden die Müllstrudel die nächsten 10-20 Jahre noch weiter anwachsen, weil diese Strömungen sehr langsam und träge sind. Das Ganze ist ja praktisch ein einziges System auf der ganzen Erde, und überall wo schon etwas im Wasser ist, landet das früher oder später in einem dieser Strudel und kann wie gesagt 10-20 Jahre dauern. Was wir gerade untersuchen ist, dass wir nicht nur solche Plattformen in den Müllstrudeln ansetzen, sondern wahrscheinlich ist es sogar sinnvoller und effektiver, solche Plattformen an den Stellen anzusetzen, wo die Flüsse in die Meere strömen. Dort könnte man den Müll schon viel früher aus dem Wasser holen und hätte auch noch größere Partikel, die Fliessgeschwindigkeit ist höher, und das ganze Prinzip würde dort auch einfach schneller funktionieren. Das wollen wir jetzt in den nächsten Steps untersuchen. Wir wollen Standortanalysen machen, wo das am sinnvollsten ist. Ein weiteres Thema ist natürlich auch, dass man aufpassen muss, dass der ganzen Plastikkonsum zurück geht. Das heißt, dass man einfach gar nicht mehr so viele Kunststoffe herstellt, gerade diese Dinge wie Plastiktüten oder eingeschweißtes Gemüse wie Paprika, denn die Früchte haben von Natur aus bereits eine eigene Schale, eine eigene Verpackung, und das dann nochmal in Plastik einzuschweißen, ist totaler Quatsch. Die Nutzungsdauer einer Plastiktüte beträgt vielleicht 20 Minuten, aber die Lebensdauer bis zu 3000 Jahren, weil sich das Plastik nicht zersetzt.
Wie ist der Stand der Dinge: seid ihr noch in der Planung oder mitten in der Umsetzung?
Wir sind tatsächlich noch in der Planung. Die Idee, die ich damals hatte, ist erstmal nur eine Vision. Eins zu eins werden wir das so nicht bauen können. Wir arbeiten auch alle ehrenamtlich an dem Projekt, wir haben noch keinerlei Finanzierung außer ein paar Spenden, und der erste Step, den wir jetzt machen wollen ist Forschungsgelder einsammeln, damit wir stellen an der Uni finanzieren können. Wir haben schon ein paar Studenten, die an den Themen arbeiten, die im Rahmen ihrer Masterarbeiten das Ganze berechnet haben, numerische Berechnungen im Wasserbau durchgeführt haben, um zu untersuchen, ob das Prinzip überhaupt funktioniert. Da haben wir schon positive Ergebnisse, das Prinzip wird funktionieren, nur um eine Modellstudie machen zu können und einen Prototypen bauen zu können und den mal in einen Kanal zu hängen, da braucht man halt Gelder für, weil diese Anlagen extreme Betriebskosten haben, die Simulationen sind unheimlich teuer, und das können Studenten nicht mal eben so nebenbei machen. Und dafür brauchen wir dringend Forschungsgelder, deswegen haben wir Anfang des Jahres einen gemeinnützigen Verein gegründet, denn vorher haben wir das alles als Privatpersonen gemacht, aber als Privatperson kann man weder Forschungsgelder beantragen noch Spenden einsammeln. Ein Teil unserer Arbeit ist also Forschung, aber ein anderer auch Marketing, weswegen wir auch den Plastic Ocean Film im Kino zeigen, um einfach auf das Thema aufmerksam zu machen und auch das Bewusstsein der Leute dafür zu schärfen.