In der Januar Ausgabe des Barmer-Magazins (PDF) wirbt die große deutsche Krankenkasse für die Rotavirus-Impfung und bezieht sich dabei auf das Robert Koch Institut: „Laut RKI muss die Hälfte der erkrankten Säuglinge und Kleinkinder stationär behandelt werden." Die Hälfte!
Bei den Masern-Ausbrüchen der letzten Jahre lag die Zahl der Patienten, die in die Kliniken eingeliefert werden mussten, selten über 10 Prozent.Ein Virusinfekt, bei dem die Hälfte der Erkrankten im Spital landet, ist also zweifellos ein Indiz für eine extrem gefährliche, komplikationsreiche Infektion. Wieso ist in der Öffentlichkeit - wenn es um Kinderkrankheiten geht – dennoch meist von Masern die Rede oder gar von Windpocken, wo im Normalfall gar niemand in die Klinik muss?
Die einzige Möglichkeit, dieses Phänomen zu erklären, ist wohl, dass es sich bei Rotaviren um eine vergleichsweise recht seltene Infektion handeln muss.Doch glatte Fehlanzeige! Im selben Artikel heißt es nämlich, dass Rotaviren die häufigste Ursache für Darm-Infektionen sind. "Bis zum Alter von zwei bis drei Jahren haben fast alle Kinder mindestens eine Rotavirus Infektion durchlitten." Das bedeutet also eine Durchseuchung der Bevölkerung von beinahe 100 Prozent! Die Krankenhäuser Deutschlands müssen demnach überquellen vor Säuglingen und Kleinkindern, die von Durchfällen gequält werden.
Ich habe auf der Webseite des Robert Koch Institutes die Quelle gesucht, auf die sich die Barmer-Redakteure in ihrem Artikel beziehen. Und tatsächlich: im "RKI-Ratgeber für Ärzte" findet sich tatsächlich die zitierte Angabe, mit konkreten Zahlen aus dem Jahr 2009: In der Altersgruppe der bis zu fünfjährigen Kinder gab es laut RKI 37.822 Rotavirus-Meldungen, davon benötigten 18.621 (49%) eine Krankenhausbehandlung. Also die Hälfte.
Doch Moment. – Bei jährlich rund 730.000 Geburten in Deutschland ergibt sich in dieser Altersgruppe eine Grundgesamtheit von 3.650.000 Kindern. Bei den vom RKI genannten Rotavirus-Meldungen handelte es sich also um knapp ein Prozent der Altersgruppe, welche den Behörden gemeldet wurden. Das bedeutet, dass nur ein Prozent der Rotavirus-Infektionen so ernsthaft verlaufen, dass Ärzte, die der Meldepflicht unterliegen, überhaupt davon erfahren. Und von diesem einen Prozent musste die Hälfte – also 0,5 Prozent – in der Klinik behandelt werden.
Richtig hätte es im Zeitungsartikel und auch im Ärzteratgeber des RKI also heißen müssen, dass die Hälfte der den Behörden gemeldeten Rotavirus-Infektionen stationär behandelt werden musste. Also gerade mal jedes 200. Kind der Altersgruppe.Und das klingt dann nicht mehr so richtig spannend, so dass man daraus eine Angst-erzeugende Impfwerbung machen kann.
Wenn man sich nun auch noch ansehen würde, bei welchem Personenkreis konkret die stationäre Behandlung erfolgt, so würde sich zeigen, dass überdurchschnittlich häufig sozial schwache Familien - oft mit Migrationshintergrund - betroffen sind.
Mir hat das mal ein Ärztekammer-Funktionär so erklärt, dass es eines gewissen Erklärungs- und Betreuungsaufwandes bedarf, an Brechdurchfall erkrankte Kinder zuhause zu belassen, weil darauf geachtet werden muss, dass die Kinder ausreichend zu trinken bekommen. Und dass die Ärzte speziell dann auf „Nummer sicher“ - sprich Einweisung in die Klinik - gehen, wenn sie sich nicht sicher sind, ob sie auch wirklich gut verstanden wurden, bzw. den Eltern vertrauen können.
Rotavirus Todesfälle wurden in Deutschland im vergangenen Jahr sechs gemeldet. Die Betroffenen waren zwischen 79 und 101 Jahre alt.
Foto: GlaxoSmithKline (GSK)
Bei den Masern-Ausbrüchen der letzten Jahre lag die Zahl der Patienten, die in die Kliniken eingeliefert werden mussten, selten über 10 Prozent.Ein Virusinfekt, bei dem die Hälfte der Erkrankten im Spital landet, ist also zweifellos ein Indiz für eine extrem gefährliche, komplikationsreiche Infektion. Wieso ist in der Öffentlichkeit - wenn es um Kinderkrankheiten geht – dennoch meist von Masern die Rede oder gar von Windpocken, wo im Normalfall gar niemand in die Klinik muss?
Die einzige Möglichkeit, dieses Phänomen zu erklären, ist wohl, dass es sich bei Rotaviren um eine vergleichsweise recht seltene Infektion handeln muss.Doch glatte Fehlanzeige! Im selben Artikel heißt es nämlich, dass Rotaviren die häufigste Ursache für Darm-Infektionen sind. "Bis zum Alter von zwei bis drei Jahren haben fast alle Kinder mindestens eine Rotavirus Infektion durchlitten." Das bedeutet also eine Durchseuchung der Bevölkerung von beinahe 100 Prozent! Die Krankenhäuser Deutschlands müssen demnach überquellen vor Säuglingen und Kleinkindern, die von Durchfällen gequält werden.
Ich habe auf der Webseite des Robert Koch Institutes die Quelle gesucht, auf die sich die Barmer-Redakteure in ihrem Artikel beziehen. Und tatsächlich: im "RKI-Ratgeber für Ärzte" findet sich tatsächlich die zitierte Angabe, mit konkreten Zahlen aus dem Jahr 2009: In der Altersgruppe der bis zu fünfjährigen Kinder gab es laut RKI 37.822 Rotavirus-Meldungen, davon benötigten 18.621 (49%) eine Krankenhausbehandlung. Also die Hälfte.
Doch Moment. – Bei jährlich rund 730.000 Geburten in Deutschland ergibt sich in dieser Altersgruppe eine Grundgesamtheit von 3.650.000 Kindern. Bei den vom RKI genannten Rotavirus-Meldungen handelte es sich also um knapp ein Prozent der Altersgruppe, welche den Behörden gemeldet wurden. Das bedeutet, dass nur ein Prozent der Rotavirus-Infektionen so ernsthaft verlaufen, dass Ärzte, die der Meldepflicht unterliegen, überhaupt davon erfahren. Und von diesem einen Prozent musste die Hälfte – also 0,5 Prozent – in der Klinik behandelt werden.
Richtig hätte es im Zeitungsartikel und auch im Ärzteratgeber des RKI also heißen müssen, dass die Hälfte der den Behörden gemeldeten Rotavirus-Infektionen stationär behandelt werden musste. Also gerade mal jedes 200. Kind der Altersgruppe.Und das klingt dann nicht mehr so richtig spannend, so dass man daraus eine Angst-erzeugende Impfwerbung machen kann.
Wenn man sich nun auch noch ansehen würde, bei welchem Personenkreis konkret die stationäre Behandlung erfolgt, so würde sich zeigen, dass überdurchschnittlich häufig sozial schwache Familien - oft mit Migrationshintergrund - betroffen sind.
Mir hat das mal ein Ärztekammer-Funktionär so erklärt, dass es eines gewissen Erklärungs- und Betreuungsaufwandes bedarf, an Brechdurchfall erkrankte Kinder zuhause zu belassen, weil darauf geachtet werden muss, dass die Kinder ausreichend zu trinken bekommen. Und dass die Ärzte speziell dann auf „Nummer sicher“ - sprich Einweisung in die Klinik - gehen, wenn sie sich nicht sicher sind, ob sie auch wirklich gut verstanden wurden, bzw. den Eltern vertrauen können.
Rotavirus Todesfälle wurden in Deutschland im vergangenen Jahr sechs gemeldet. Die Betroffenen waren zwischen 79 und 101 Jahre alt.