Berlin hat eine echte Attraktion: Das stillgelegte Flugfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof – dort tummeln sich Kite-Surfer, Skater, Radfahrer auf den ehemaligen Start- und Landebahnen. Dazu gibt es Grillplätze, Hundeplätze, einen Biergarten und eine grandiose Aussicht auf die eigenartig flache Stadtlandschaft um die Tempelhofer Freiheit herum. Durch die Weite des Blicks und den meist kräftigen Wind fühlt man sich wie am Meer. Die Flughafengebäude sind beliebte In-Locations für alle möglichen Veranstaltungen.
Vollmond über dem Tempelhofer Feld
Und dann gibt es auch noch die ewige Baustelle in Schönefeld. Dass BER nun kurz vor dem Start schon abgestürzt ist, verwundert allerdings kaum – Anfang des Jahres schrieb ich einen Artikel über die Zustände auf der Baustelle des Großflughafens: Die Arbeiter eines Subunternehmens, das für die Montage von Klimatechnik (mit der es ja nun offenbar große Probleme gibt) zuständig war, wurden um ihren Lohn geprellt. Wenn man sich klar macht, unter welchen Bedingungen dort gearbeitet wurde, verwundert einen, dass an dem Flughafen überhaupt schon vieles funktioniert.
Die gesamte Planung von BER (erst BBI) war eine Serie von Pannen und Fehlentscheidungen – angefangen bei der Standortwahl bis hin zur Täuschung der Anwohner über die geplanten Flugrouten. Aber mit dem ganzen Gejubel, dass die coolste Metropole des Landes, ach was, der Welt, endlich einen richtigen Großflughafen bekommen soll, wurde das immer gleich wieder vergessen.
Wobei ich sagen muss, dass mich persönlich die BER-Panne sehr viel weniger berührt als das S-Bahn-Chaos, das die Stadt im Sommer 2009 und danach immer wieder lahmgelegt hat. Ob nun die Touris und Business-Leute in Tegel oder Schönefeld landen und abfliegen – tja, das interessiert höchsten die Anwohner, deren Tassen dann im Schrank klappern, wenn die Jets über ihre Häuser donnern. Aber wenn die S-Bahn nicht fährt, betrifft das doch viel mehr Menschen.
Nach einem Radbruch an einem Wagen der Baureihe 481 kam heraus, dass aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen seit 2004 (!!!) Wartungsarbeiten nicht mehr wie vorgeschrieben erledigt und Wartungsprotokolle systematisch gefälscht wurden. Das Eisenbahnbundesamt zog die Notbremse und entzog der S-Bahn die Betriebserlaubnis für sämtliche Züge, die nicht ordnungsgemäß kontrolliert wurden. Damit war der größte Teil der Wagenflotte stillgelegt – und die verbliebenen Techniker in den Werkstätten arbeiteten rund um die Uhr daran, einen Teilzug nach dem anderen wieder auf die Schienen zu bekommen. Bereits geschlossene Werkstätten wurden wieder in Betrieb genommen und längst eingemottete DDR-Züge reaktiviert – trotzdem wird mit einer Rückkehr zum Normalbetrieb der S-Bahn erst im Laufe des kommenden Jahres gerechnet. Das ist eine Katastrophe!
Mal sehen, wann der Betrieb in BER tatsächlich aufgenommen werden kann. Der Imageschaden für Berlin ist natürlich unbestreitbar – die Berliner sind halt arm und blöd, statt arm aber sexy – und die betroffenen Fluggesellschaften wären bescheuert, wenn sie jetzt nicht laut jammern und wehklagen würden. Aber gemessen an den ganzen Verzögerungen, die es im Berliner Nahverkehr so gibt, erscheint mir das Gewese um den geplatzten Start des Großtuer-Flughafens ziemlich übertrieben.