Abseits der Norm – der Dialektalitätswert

Von Buecherdiebin

Schon lange habe ich mir vorgenommen, euch wieder mehr über mein Studium zu erzählen. Ich denke nämlich, dass gerade Leser und Bücherwürmer auch ein Interesse an Sprache per se haben. (Oder täusche ich mich?) Eine ganze Weile habe ich nichts mehr über meine anstehende, bzw. aktuell geschrieben werden wollende Masterarbeit erzählt. Heute möchte ich euch eine der zentralen Methoden zeigen, mit denen ich arbeite.

Es geht um den sogenannten Dialektalitätswert. Dieser zeigt auf, wie groß der Abstand zwischen dem tatsächlich Gesprochenen und dem „Standard“ ist. Standard, das ist die Aussprache, wie sie in Wörterbüchern zu finden ist und die man allgemein als „Hochdeutsch“ bezeichnen würde. Aber so redet ja niemand, na gut, fast niemand.

Um den Dialektalitätswert zu bestimmen, muss man zunächst einen Merkmalkatalog festlegen und die Abweichung von der Norm benennen. Weicht eine Aussprache nur gering vom Standard ab, wird dem Laut eine geringe Punktzahl zugeordnet, z.B. 0 oder 1. Ist der Unterschied hingegen sehr groß, kann man die Punktzahl 3 vergeben. Das wäre unter anderem dann der Fall, wenn man statt des Diphthongs <ei> einen langen Monophthong <e> spricht. Wer tut denn sowas, fragt ihr euch? Wir, die Thüringer, zum Beispiel. Die Beine werden bei uns oft zu den „Beenen“. Auch die Vokale an sich können sich verändern, ö zu e oder gar i. Wer das tut? Wieder die Thüringer. Hier wird aus schön auch schnell mal ein „schee“ oder aus böse ein „biese“. (Nicht gerade im Alltag, aber meine Uroma sprach noch ganz regulär so!)

Und was bringt mir das jetzt? Konkret in meinem Fall errechne ich Laut für Laut diesen Wert für meine Probanden. Hierfür nehme ich Stichproben aus den Jahren 2003, ca 2010 und 2017. Es wird dann ein Durchschnitt für jedes Jahr erreichnet und das Ganze wird dann verglichen. So kann ich sehen, ob der Dialektalitätswert zu Beginn höher oder niedriger war, oder ob der Gebrauch des Dialekts bei dem jeweiligen Sprecher gleichbleibend ist. Dies führt mich der Beantwortung meiner Forschungsfrage, ob sich die Sprache im Laufe einer Biografie verändert, einen gewaltigen Schritt näher.

Wie ist das mit euch? Sprecht ihr Dialekt oder eine andere Variante des Deutschen (z.B. Jugendsprache)? Macht ihr euch überhaupt Gedanken darüber, ob eure Sprache von der Norm „abweicht“? Und was denkt ihr, wieviele Menschen sprechen überhaupt richtiges „Standarddeutsch“?