Mehr als drei Jahrzehnte war es ihm gelungen, sein wahres Wesen zu verbergen. Hosni Mubarak tarnte sich als Freund des westens, als ausgleichende Kraft im Nahen Osten, ein Mann, unter dessen Ägide deutsche Urlauber gern im Roten Meer schnorchelten und deutsche Unternehmen jede Menge Fabriken bauten. Gegen islamistische Terroristen ging Mubarak hart vor, es gelang ihm, die Muslimbruderschaft bei den von ihm immer wieder selbst vorgetäuschten Wahlen in die parlamentarische Arbeit einzubinden.
Mubarak, der in der guten alten Sowjetunion zum Kampfpiloten ausgebildet worden war, erfreute sich höchster Hochachtung bei den beliebtesten deutschen Politikern. Weder Joschka Fischer noch Angela Merkel noch Walter Steinmeier fragten ihn je nach der Menschenrechtssituation in seinem Land, danach, warum 88 Prozent der 23 Prozent der Ägypter, die beim letzten Wahlgang eine Stimme abgaben, ihn gewählt hatten, während Gegenkandidat Ayman Nur gerade 7,5 Prozent der Stimmen bekam, oder danach, warum er als bekennender Moslem Herstellung und Ausschank von Bier im Land erlaube.
Kritik gab es in kleinen Häppchen: Es sei doch wohl "höchst fraglich, ob ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt nahezu 90 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen kann", wie es der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel regelmäßig bei Parteitagen gelingt, merkte der "Spiegel" mutig an.
Es war ja allen ganz recht so, bis Facebook und Twitter kamen. Über Nacht wurde Mubarak, der nette Autokrat, zum finsteren Diktator (siehe Google Timeline oben), der eben noch "autoritär herrschende ägyptische Präsident" (Spiegel), 30 Jahre lang ausschließlich zuständig für die Unterstützung von Nahost-Initiativen zur Befriedung der Palästinenser, ist nunmehr plötzlich auch zuständig für Demokratie und Menschenrechte in seinem eigenen Land. Klare Worte hinter dem Verfallsdatum: Jetzt ist Mubaraks Regierung ein "Regime", der Alte selbst ein "greiser Despot", dem nur das allemal unsympathische Israel die Treue hält. Tapfer fordern Kommentatoren von SZ über "Stern" bis Frankfurter Rundschau den Abschied des "starrsinnigen Diktators" (FR). "Was wir hier erleben, ist kein kurzes Aufbrausen von Unzufriedenheit. Es ist eine Revolution, die sich nicht mehr aufhalten lässt", hat das politische Magazin "Bild" herausgefunden - fast pünktlich zum 2. Jahrestag eines Bild-Berichtes, in dem sich der damalige Bundesaußenminister Steinmeier noch "mit dem ägyptischen Staatschef Hosni Mubarak" traf.