Hier gammelt die Vergangenheit der Zukunft einem ungewissen Morgen entgegen. Das Gebäude ist leergeräumt, die oberen Etagen sind fest in der Hand der Tauben, Moos wächst in den Fluren und vom Kernstück der Anlage, der Zentraleinheit, deren Kernspeicher einst eine atemberaubende Kapazität von 40 000 Zeichen besass, ist nichts mehr zu sehen. Stumme Zeugen sprechen von früherer Größe: Dreidimensionale Gipsgrafiken im Treppenhaus zeigen die Eroberung des Weltalls mit Hilfe von Robotern, daneben stehen endlos lange Formel und mathematische Symbole, die ein Sprayer aus einer nachgewachsenen Generation mit dem Kommentar "habe ich nicht verstanden" versehen hat.
Die Zugriffszeit, die der Robotron 300 benötigte, um eine in den Speicher eingelesene Information wiederzufinden und abzurufen, war kleiner als eine siebenmillionstel Sekunde, mittlerweile aber scheint mit dem Rechner auch die Information verschwunden. Heutige Rechner brauchen nicht einmal mehr ein Gebäude, um über Arbeitsgeschwindigkeiten von "mehr als 5000 Operationen in der Sekunde" zu lächeln, die dem 300er nachgesagt wurden. Auch gibt es keine Lochkarten-Lese-Stanz-Einheit, keine gepufferten Lochbandleser und -Stanzer, keinen Paralleldrucker mit einer Leistung von 300 Zeilen in der Minute mehr.
Nicht einmal hier, wo all das einmal zu Hause war. Damals berechnete das Datenverarbeitungszentrum mit Hilfe von Magnettrommelspeichern, Organisationsautomaten vom Typ Optima 528, elektronischen Fakturierautomaten Soemtron 383 und Ascota- Kleinbuchungsautomaten 117 L die per Lochstreifen oder Lochkarten aus den volkseigenen Betrieben der Region eingehenden Daten. Mit einer Geschwindigkeit von 600 bit in der Sekunde, berichten Zeitzeugen, seien Löhne und Gehälter berechnet worden, Materialplanung wurde betrieben und Wareneinkauf gesteuert.
Ein wahres Datenverarbeitungszentrum, wie es damals hieß, wenn auch aus heutiger Sicht nicht einmal mit der Datenverarbeitungskapazität eines Telefons. Nach dem Ende der DDR wurde aus dem VEB die Datenverarbeitungszentrum GmbH, die eigene Softwarelösungen wie ein " Wohngeld-Informationssystem" sogar auf der Cebit vorstellte. Als das Haus zu klein wurde, zog die Firma um. Zurück blieb ein Gebäude, das mitteldeutsche Computergeschichte atmen würde. Röche es nicht so streng nach fortgesetztem Verfall und Untergang.