Bei diesem Artikel handelt es sich um keine Rechtsberatung. Für spezifische Fragen sollte immer ein Anwalt konsultiert werden.
Wer fremde Bilder klaut, urheberrechtlich geschütztes Material wie Bilder, Musik oder Filme bewusst verbreitet, begeht klar eine Urheberrechtsverletzung und muss bestraft werden. Wer sich mit fremden Federn schmückt und Markennamen für seine eigenen Interessen nutzt oder Markenprodukte kopiert ebenfalls. Solche Fälle sind jedoch nur ein kleiner Teil der Abmahnungen. In der Realität ist es viele komplizierter und es werden, teils angebliche, Rechtverstöße abgemahnt und mit hohen Kosten belegt, derer man sich nicht einmal bewusst ist. Dadurch ist unser Rechtssystem viel zu kompliziert geworden. Da recht es auch schon aus, wenn man ein Video von sich macht und im Hintergrund an der Wand ein Bild hängt oder etwas auf eBay oder Amazon verkauft wird und deren Plattformen eine Funktion bieten, die sich nicht deaktivieren lässt und unseren Datenschützern nicht gefällt. Es ist nahezu unmöglich geworden, geschäftlich im Internet aufzutreten und nicht irgendein Recht zu verletzen, von dem man vielleicht noch nicht einmal was gehört hat. Wer noch keine Abmahnung bekommen hat, tritt vermutlich extrem spartanisch auf oder hatte bislang einfach nur Glück.
Was ist eine Abmahnung im Internet?
Eine Abmahnung ist eine formale Aufforderung, eine Rechtsverletzung zu beseitigen und künftig zu unterlassen. Letzteres wird in Form einer Unterlassungserklärung gefordert, die mit hohen Vertragsstrafen belegt sein kann. Abmahnungen gibt es auch in anderen Bereichen wie beispielsweise dem Arbeitsrecht. Nichts zu unternehmen, kann hier genauso schädlich sein, wie die sofortige Abgabe der beigefügten Unterlassungerklärung. Es sollte immer ein eigener Anwalt zu Rate gezogen werden, der in den allermeisten Fällen auch zu einer modifizierten Unterlässungserklärung rät.
Berechnet werden die Kosten der Abmahnung anhand des Streitwertes, der durch den Abmahner festgesetzt wird. In den meisten Fällen ist dieser viel zu hoch angesetzt und steht oft überhaupt nicht im Verhältnis zur vorgeworfenen Rechtsverletzung. Im Wettbewerbsrecht kann dieser zwischen 10.000 und 30.000 EUR liegen. Für das Markenrecht hat der BGH (Az. I ZB 48/05, 16.3.2006) einen Regelstreitwert von 50.000 EUR festgelegt. Das kann insofern deutlich teurer als die anderen Abmahnungen werden, da hier 2 Anwälte berechnet werden können. Zum Anwalt für Markenrecht kommt oft noch ein Anwalt für Patentrecht hinzu, für den die gleiche Summe angesetzt wird, auch wenn dieser nur einmal kurz genickt hat.
Eine solche Einnahmequelle möchte sich natürlich niemand entgehen lassen. Ganze Anwaltskanzleien haben sich auf diesen Bereich spezialisiert und Vereine zum Schutz des Wettbewerbs sprießen aus dem Boden und wollen auch ihren Teil vom Kuchen. Für mich persönlich ein absolutes NoGo, da die Rechtsprechnung immer mehr in private Hände gelegt wird.
Wie regeln es andere Länder?
Gesetze gibt es natürlich auch in anderen Ländern. Dort müssen sie ebenso wie hier eingehalten werden. Geraten 2 Konkurrenten beispielsweise im Wettbewerbsrecht aneinander, dann treffen sich diese in vielen anderen europäischen Ländern direkt vor Gericht und verursachen deutlich höhere Kosten. In diesen Fällen ist jedoch auch die Hemmschwelle deutlich höher, da man die Kosten zunächst aus eigener Tasche bezahlen muss. Bei unseren Abmahnungen werden seit 1968 die Kosten sofort an den Abgemahnten weitergereicht.
In der Schweiz beispielsweise gibt es auch Abmahnungen, die Kosten können jedoch nicht weitergereicht werden. So werden meist du „echte" Rechtsverstöße abgemahnt, bei denen es nicht nur darum geht, mit den Abmahnkosten Geld zu verdienen.
In Italien gibt es eine Wettbewerbsbehörde (AGCM), die aufgrund einer Beschwerde oder auch selbständig tätig wird. Die möglichen Bußgelder liegen deutlich über den Kosten der deutschen Abmahnungen und liegen auch mal im 5 oder 6-stelligen Bereich. Allerdings wird dabei auch der Umsatz der Firma berücksichtigt.
Wie könnte eine echte Alternative aussehen?
Ganz ohne Regulierung funktioniert natürlich gar nichts. Es liegt einfach in der Natur des Menschen, alles zu nutzen, was einen Vorteil verspricht und erlaubt ist. Aber wie könnte eine Alternative aussehen. Die Politik sollte sich meiner Meinung nach auf jeden Fall der aktuellen Rechtslage annehmen und handeln. Große Unternehmen zahlen einen 4-stelligen Betrag aus der Portokasse. In den meisten Fällen trifft es aber kleine und neue Unternehmer, die diese Summen kaum aufbringen können und künftig lieber von Hatz 4 leben, als noch einmal solch ein Risiko einzugehen.
Ich habe mit zu einer möglichen Alternative so meine Gedanken gemacht.
Recht gehört in die Hände des Staates
Ähnlich wie in Italien müsste es auch hierzulande eine Behörde geben, die sich um Rechtsverletzungen im Internet kümmert. Diese sollte allerdings nur geschäftliche Belange bedienen und nicht die massenhaften Abmahnungen im Bereich Filesharing. Dort müsste einfach nur die Deckelung von 100 EUR berücksichtigt werden, was bei vielen Anwälten nicht angekommen ist, die weiterhin 1000 EUR und mehr ansetzen.
Die Behörde kann selbsttätig oder aufgrund einer Beschwerde aktiv werden. Geht eine Beschwerde ein, dann wird zuvor geprüft, ob wirklich ein Recht verletzt wurde. Ist das der Fall, sollte je nach Vergehen eine Verwarnung ausgesprochen oder ein Bußgeld verhängt werden. Bei den Bußgeldern kann durchaus auch der Umsatz der Firma eine Rolle spielen. In Italien klappt das ja auch. Zu den kleinen Vergehen, die niemanden einen echten Schaden zufügen, zähle ich veraltete Widerrufsbelehrungen, fehlende Angaben im Impressum und alle weiteren Dinge, nicht nur Worte in Schriftform, pardon jetzt Textform, sind. Der Kunde hat ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen, egal ob das in irgendeiner Belehrung steht oder nicht. Damit aber alles korrekt ist, wird der jeweilige Händler von der Behörde verwarnt. Korrigiert er seine Belehrung nicht, dann verhängt die Behörde ein Bußgeld und verdient damit ihr Geld.
Genauso kann man auch mit dem Marken- und Urheberecht verfahren. Hängt in einem Video ein Bild im Hintergrund, dann kann der Rechteinhaber die Behörde informieren. Dadurch entstehen ihm keine Kosten. Die Behörde weist den Ersteller des Videos in Form einer Verwarnung darauf hin. Immerhin geht es in den meisten Fällen nicht um bewusste Verstöße, die durch die kriminelle Energie von Shop- oder Webseitenbetreiber entstehen. Nicht jeder kann neben seinem Job auch noch Jura studieren. Und selbst das ist noch keine Garantie für eine saubere Webseite. Selbst Anwälte sind gegensätzlicher Meinung und auch Gerichte beurteilen gleiche Sachverhalte unterschiedlich.
Es ist in Deutschland leider viel zu einfach, durch fehlendes juristisches Fachwissen finanziell ruiniert zu werden. Wer kein Risiko eingehen möchte, lässt vermutlich am besten Finger vom Internet und überlässt es anderen Ländern, dieses Medium weiter auszubauen.