"Na ja...", sagt der Reporter, "na ja, es ist schon eher so, dass...". Oder: "Liebe Salafisten,..."
So richtig streiten können wir uns nicht mehr. Man macht auf distanziert, unemotional. Dabei ist doch alles durchboulevardisiert: Die Nachrichten, die Reportagen und die Talkshows sowieso. Anne Will befragt Frau Bundeskanzlerin nicht mehr nach ihrer Politik, sondern wie sie sich dabei fühlt, wenn sie Politik macht. Eigene Perspektive ist nicht mehr, eigene Interessen auch nicht. Wer eigene Interessen verfolgt, wer also selbständig und selbstverantwortlich im Leben steht, ist "rechts".
Na ja, jedenfalls immer für drei oder so Wochen. Dann haben auch die Wohlfühlmenschen verstanden worum es geht. Dass es um sie geht. Dann stimmen sie doch zu, aber dann muss es anders heißen. Weil, irgendwie, keine Ahnung.. wir wollen doch niemanden erschrecken.
Ich kann das nicht mehr hören. Dieses unangreifbare, überhebliche "du weißt aber schon, dass...". So als wäre der andere unzurechnungsfähig.
Kommt der Gutmensch mal argumentativ in Verlegenheit, beschweigt er die Diskussion. Dann kommt schlicht nichts mehr. Dann geht er gerne zum nächsten Thema über. So läuft er davon, vor allem in den Foren und sog. "sozialen" Netzwerken.
Feuern und Vergessen war früher eine schlechte Werbemethode. Inzwischen ist sie eine Form des alltäglichen politischen Diskurses.
Der Grund dafür ist die Öffentlichkeit, in der man sich bewegt. Zustimmung nimmt jeder gerne entgegen. Kann ja nicht schaden, auch wenn der Chef oder der Personaler mal nach einem Googlen. Dann will man als "engagiert" gelten, aber nicht aggressiv. Dann sagt man unaufgeregt "na ja, aber.." und schreibt in Onlinepetitionen "Liebe Lobbyisten...". Unangreifbar aber sichtbar zu sein ist das Wichtigste. Posieren ohne Worte.
Um so härter klingt es in solchen Ohren, wenn jemand richtig in die Bütt steigt und Tacheles redet. Aber offenbar können sich selbst ein Gabor Steingart, Jörg Schönenborn, Judith Rakers nicht mehr an Leute wie Herbert Wehner, Willy Brandt, Heiner Geißler oder Klaus Bednarz erinnern.