Abgesagt: Die schottische Unabhängigkeit

Von Stefanie Norden @StefanieNorden

Die schottische Unabhängigkeit ist kein Massenfavorit: Erstaunlich deutlich sprach sich das schottische Volk am 18.09. gegen die Loslösung von England aus. Wirtschaftliche Gründe dürften wohl eine große Rolle gespielt haben. Ich habe die Angelegenheit mit großem Interesse verfolgt und will nun den weiteren geschichtlichen Verlauf (hier geht's zum ersten Teil dieses Kapitels von Schottlands Geschichte), warum England und Schottland vor über 300 Jahren überhaupt erst eine Nation wurden, darlegen.

Die kopflose Schottenkönigin

Die fünfjährige Maria Stuart wuchs am französischen Hof auf und heiratete 1558 den Dauphin. Ihr Schwiegervater, Heinrich II. von Frankreich, ließ verkünden, dass Maria Anspruch auf den englischen Thron erhebe. In England war just Elizabeth I. auf den Thron gekommen, die diesen Anspruch aus folgendem Grund so gar nicht lustig fand: Da Elizabeth der zweiten Ehe Heinrichs VIII. entstammte, die der Papst nicht anerkannt hatte, galt Elizabeth in der katholischen Welt als Bastard und Thronräuberin. Maria hingegen war Katholikin und daher für viele die eigentliche Königin Englands.

Im Jahr nach ihrer Hochzeit wurde Maria Königin von Frankreich, aber ihr Mann starb bereits ein Jahr später. Marias Schwiegermutter Katharina von Medici mochte Maria nicht, und nachdem nun auch Marias Mutter, die in ihrem Namen über Schottland geherrscht hatte, gestorben war, kehrte die junge Schottenkönigin nach Schottland zurück. Ihre Herrschaft war jedoch nicht besonders erfolgreich, und als sie schließlich 1568 aus ihrem eigenen Königreich fliehen musste, blieb ihr keine Wahl als nach England zu fliehen. Das weitere Schicksal Maria Stuarts ist, wie man sagt, Geschichte.

Die Stuartkönige von England beenden die schottische Unabhängigkeit

Doch bevor Maria 1587 auf einem englischen Schafott wegen Hochverrat starb, war ihr Sohn James erwachsen geworden und herrschte als James VI. über Schottland. Elizabeth ihrerseits hatte nie geheiratet und hinterließ entsprechend keinen Erben. James bestieg daher nach Elizabeths Tod im Jahr 1603 als James I. den englischen Thron und vereinte die beiden Königreiche in Personalunion. Er war es auch, der den Begriff Großbritannien prägte und den Union Jack, die Vereinigung der Flaggen beider Länder, einführte.

Das Haus Stuart regierte beide Länder (mit einer blutigen Unterbrechung, als Charles I. von seinem eigenen Volk hingerichtet wurde) bis ins 18. Jahrhundert. Unter der letzten Stuart-Königin, Anne, wurden beide Königreiche durch den Act of Union im Jahr 1707 vereinigt. Aus dem englischen und dem schottischen Monarchen wurde ein britischer Monarch. Das schottische Parlament wurde aufgelöst, und das House of Lords sowie das House of Commons wurden nun von Repräsentanten beider Länder gebildet.

Während Schottland hauptsächlich finanzielle Gründe für die Aufgabe seiner Souveränität (und gleichzeitige Abwälzung seiner Schulden) hatte, wollte England sicherstellen, dass der schottische Thron, genau wie der englische, frei von Katholiken bliebe und Schottland sich nicht seinem alten Verbündeten Frankreich wieder zuwenden würde. Als Königin Anne starb, ging die englische Krone an Georg von Hannover über, während entsprechend dem Act of Settlement zahlreiche Katholiken übergangen wurden. Und auch, wenn es immer wieder Versuche gab, die ursprünglich schottischen Stuarts wieder auf den Thron zu bringen (siehe Jakobiten), hatte Englands Plan gefruchtet, und der Thron von Großbritannien blieb nicht nur bestehen, sondern unkatholisch - bis heute.

Und während die schottische Unabhängigkeit nun erst mal vom Tisch ist, stellt sich die Frage, ob nun ein Präzedenzfall geschaffen wurde und man nun demnächst auch mal über die Unabhängigkeit von Wales abstimmen sollte. Die Zukunft unseres Insel-Nachbarn bleibt also spannend.