Kein Wort des Abschieds, keine Erklärung: Gregor Weber und Maximilian Brückner waren in der Tatort-Folge Verschleppt gestern Abend das letzte Mal als Kommissare Kappl und Deininger im Einsatz – und kein Zuschauer hat es gemerkt. «Ich hätte sie im Kugelhagel von 14 ukrainischen Mafiosi sterben lassen, blutüberströmt und Arm in Arm», scherzte Weber vor ein paar Tagen in einem Interview mit der Halterner Zeitung. Doch eine Abschiedsfolge blieb ihm und Brückner vergönnt.
Im November vergangenen Jahres hatte der Saarländische Rundfunk (SR) völlig überraschend bekannt gegeben, dass sich der Sender von den beiden Schauspielern trennen werde. «Die Story dieses ungleichen Paares ist aus unserer Sicht jetzt zu Ende erzählt», begründete der zuständige Redakteur Christian Bauer damals die Entscheidung. Es klang wie eine Ausrede. Denn in den beiden grundverschiedenen Temperamenten des emotionalen Saarländers Deininger und des eher sachlich agierenden, aus Bayern zugereisten Kappl schlummerte noch viel Potenzial. Außerdem verzeichnete das Duo, das seit 2006 gemeinsam ermittelte, steigende Einschaltquoten und war vor allem bei jüngeren Zuschauern beliebt.
Bilder wie aus einem Horrorfilm
Mit ihrem letzten Tatort lieferten die beiden einen starken Abgang. Denn 9,25 Millionen Menschen (Marktanteil: 24,3 Prozent) sahen zu. Das ist die höchste Zuschauerzahl aller SR-Tatorte seit 1993, wie meedia.de ermittelte. In der Folge gerieten Kappl als nüchterner Profiler und der Gefühlsmensch Deininger mehrmals aneinander. Mit eindringlichen, dichten Nahaufnahmen setzte der renommierte, aus Finnland stammende Regisseur Hannu Salonen die verstörende Geschichte um, die an das Schicksal von Natascha Kampusch und an den Fall Josef Fritzl erinnert, teils mit albtraumhaften Bildern wie aus einem Horrorfilm.
Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten waren Brückner und Deininger noch nicht gefeuert. Sie erfuhren aus der Presse von dem plötzlichen Ende ihrer Tatort-Dienstzeit. Vor allem der 43-jährige Weber machte in den vergangenen Wochen seinem Unmut Luft und sparte nicht mit heftiger Kritik am Saarländischen Rundfunk. «Das war ganz schlechter Stil», schimpfte Weber und vermutete, Brückner und er seien rausgeworfen worden, weil sie sich für bessere Drehbücher eingesetzt hätten. «Wir galten als Querulanten», sagte Weber mit Verweis auf die Dreharbeiten zu der Folge Verschleppt. Sie hätten nur Dienst nach Vorschrift gemacht, weil das Drehbuch vor Logikfehlern strotzte. Und sie hätten hier etwas improvisiert und da etwas geflickschustert, um die Story glaubwürdiger zu machen.
«Dass ich im Büro ausraste, dass ich einen Verdächtigen drangsaliere und Maximilian einen anderen sogar schlägt, das alles stand nicht im Buch, sondern haben wir am Set entwickelt», erklärte Weber. «Uns war wichtig zu zeigen, wie sehr die Kommissare von diesem Fall überfordert sind und psychisch unter Druck stehen.» Das wurde im Film tatsächlich überdeutlich und machte den Krimi – entgegen Webers Empfehlung – durchaus sehenswert.
Die Rache des verkappten Autors
Denn von dem Resultat war Weber so wenig begeistert, dass er die Zuschauer sogar davor warnte, den Tatort anzuschauen. «Gucken Sie sich die Folge Verschleppt bloß nicht an! Sie ist schlecht», sagte er in einem Interview der Kölner Zeitung Express. Auch im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd verriet der 43-Jährige, er habe von der Geschichte von Anfang an nicht viel gehalten: «Ich empfand es als eine dramaturgisch schwache Story, die mit Horroreffekten aufgeblasen ist.»
Möglicherweise wollte sich Weber mit dieser Kritik einfach nur am Sender rächen. Angeblich soll zwischen ihm und Redakteur Bauer völlige Funkstille herrschen; der Schauspieler gilt zudem als verkappter Autor (er schreibt derzeit an seinem zweiten Kriminalroman) und schwierig im Umgang.
Brückner reagierte zuletzt eher reserviert. Kein Wunder, denn im Gegensatz zu Gregor Weber geht es mit seiner Karriere nach oben. Weber kennen die TV-Zuschauer nur aus dem Tatort und früher aus Gerd Dudenhöffers Familie Heinz Becker. Der 33-jährige Brückner dagegen hatte Hauptrollen in Filmen von Dieter Wedel und Doris Dörrie und war zuletzt auch im Kino (Resturlaub, Rubbeldiekatz) zu sehen. Zudem steht er zurzeit für das Münchner Volkstheater auf der Bühne und inszeniert dort auch gerade sein erstes Stück als Regisseur. Magdalena soll am 23. Februar Premiere haben.
Der Saarländische Rundfunk hat inzwischen mit Devid Striesow und der noch recht unbekannten Elisabeth Brück längst Ersatz für die beiden geschassten Kommissare gefunden, im Sommer sollen die Dreharbeiten für ihren ersten Fall beginnen. Sicher wird es dem charismatischen Striesow gelingen, das Tatort-Publikum zu überzeugen. Und vielleicht, so spiegel-online, gibt es mit ihm sogar einen Fernsehpreis, was dem Sender mit Gregor Weber niemals gelungen wäre.
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«Tatort» – Abgang zweier Querulanten
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