Aberglaube und Bräuche der Bulgaren
Ein Gastbeitrag
Neben dem auch in Deutschland verbreiteten Mythos, dass eine schwarze Katze auf dem Weg Unheil verspricht, gibt es in Bulgarien noch zahlreiche weitere interessante und kuriose Sitten.
Aberglauben sind bereits seit Anbeginn der Zeit ein Teil der menschlichen Kultur. Selbst in der heutigen aufgeklärten Zeit lassen sich noch immer im Alltag der Menschen jede Menge interessante und kuriose Aberglauben entdecken, die sich in verschiedenen Sitten und Bräuchen beobachten lassen. Bulgarien ist ein besonders traditionsreiches Land, das viel Wert auf seine Folklore legt. Daraus hervorgehend besteht bei den Bulgaren ein Hang zum Mystizismus und diverse Traditionen, Sitten und Bräuche, mit denen sie versuchen, ihr Schicksal in eine positive Richtung zu lenken und dem Glück etwas auf die Sprünge zu helfen, gibt es bis heute. Wie auch mit dem Kopfschütteln und dessen Bedeutung in Bulgarien, können einige der Bräuche schnell einmal zur Verwirrung führen. Wer einen schockierten Gesichtsausdruck seines Gegenübers erhält, wenn man ihm einen Salzstreuer reichen möchte oder wer beim Gratulieren zum 40. Geburtstag mit bösen Blicken bestraft wird, braucht sich nicht zu wundern. Doch was für Neulinge in Bulgarien zunächst merkwürdig erscheint, wird schnell normal. Nicht vergessen: Andere Länder, andere Sitten!
Traditionsreiches Bulgarien
Bulgarien liebt seine Traditionen und Folklore und weist auch heute noch jede Menge Bräuche auf, die bereits seit der heidnischen Zeit in ihrer Kultur verwurzelt sind. Während einige der Traditionen und Glaubenssätze auch im 21. Jahrhundert noch im Alltag der Bulgaren gang und gäbe sind, sind andere etwas mehr in den Hintergrund gerückt. Dennoch wissen die Bulgaren über ihre vielen Aberglauben Bescheid und auch wenn viele nicht unbedingt zugeben würden, dass sie es tatsächlich glauben, möchten viele wohl einfach das Risiko nicht eingehen. Mit dem Satz „Es kann ja nicht schaden“ wird daher bis heute einer Vielzahl an Aberglauben nachgegangen. Einer Umfrage aus demJahr 2018 zufolge sollen fast drei Viertel der Bulgaren auf Holz klopfen, um Unheil zu vermeiden, rund ein Drittel glauben an den Freitag den 13. als einen Unglückstag und etwa 12 Prozent werfen Salz, um dem Glück auf die Sprünge zu helfen. Eine Vielzahl der Bräuche bestehen in Bulgarien bis heute, einfach, weil es zur Kultur gehört.
Der 40. Geburtstag wird in Bulgarien in der Regel nicht gefeiert, denn das soll Unglück bringen.Der 40. Geburtstag
Während in Deutschland runde Geburtstage allemal Grund sind, seine Freunde zu einer spaßigen Geburtstagsfeier einzuladen, ist dies beim 40. in Bulgarien ganz und gar nicht der Fall. Dies liegt jedoch nicht daran, dass die Bulgaren Angst vor dem Altern und dem Schritt aus der 30 haben, sondern daran, dass die Zahl 40 als Unglückszahl gilt. Laut alter Volkssagen soll die Seele eines Verstorbenen oder eines Neugeborenen für 40 Tage zwischen Leben und Tod schweben. Aus diesemGrund dürfen Freunde, die nicht der Familie angehören, ein Neugeborenes erst 40 Tage nach der Geburt besuchen und nach einer Beerdigung erfolgt 40 Tage später eine weitere Gedenkfeier für einen Verstorbenen. Grund genug, die Zahl 40 und damit den 40. Geburtstag zu meiden.
Der kürzeste Tag des Jahres
Ein Wandel der Jahreszeiten soll bei unseren Vorfahren stets für Unruhe gesorgt haben, sodass sie sich Bräuche und Sitten ausdachten, die das Schicksal in die richtige Richtung lenken sollten. In Bulgarien hat der Sonnenzyklus und der Wechsel der Jahreszeiten eine magische und besonders wichtige Bedeutung. Der 20. Dezember galt lange Zeit als der kürzeste Tag des Jahres – mittlerweile wissen wir jedoch, dass der 22. Dezember astronomisch der kürzeste Tag ist – und hat bis heute in Bulgarien mit dem Namen Ignatiustag eine besondere Bedeutung. Dem ersten Gast, der an diesem Tag das Haus betritt, wird erstaunliche Wichtigkeit beigemessen. Ist dieser gesund und wohlhabend, soll ein erfolgreiches Jahr folgen. Auch wenn viele inzwischen behaupten, dass dieser Glaube reiner Humbug ist, überlegen sich die Bulgaren auch heute noch genau, wer am Ignatiustag zu sich nachhause eingeladen wird. Übrigens darf an diesem Tag auch kein Geld verliehen werden, denn dassoll bedeuten, dass man dann das ganze kommende Jahr finanzielle Sorgen haben wird.
Eine juckende Handfläche soll in Bulgarien aussagen, ob man sein Geld verliert.Die juckende Hand
Die Bedeutung einer juckenden Handfläche ist besonders in der slawischen Kultur präsent und damitauch in Bulgarien gang und gäbe. Wenn einem Bulgaren die rechte Handfläche juckt, soll dies bedeuten, dass man sein Geld bald hergeben bzw. verlieren wird. Es soll damit Unglück folgen, wenndie rechte Handfläche juckt. Dieser Aberglaube ist besonders unter Freunden der Casinospiele bekannt. Wenn ein Bulgare beispielsweise am Spielautomaten im Casino spielt, wird er sofort aufhören, wenn ihm die rechte Handfläche juckt. Schließlich soll dies bedeuten, dass er sein Geld verlieren wird. Obwohl es ein bekannter Fakt ist, dass ein Spielautomat einen Jackpot Gewinn vollkommen per Zufall ausschüttet und es absolut nicht möglich ist, die Gewinnchancen des Spielers am Spielautomaten zu erhöhen, sind derartige Aberglauben in Casinos rund um die Welt verbreitet. Da Slots einen Zufallszahlengenerator verwenden, sind die Chancen auf einen Gewinn immer gleich, ganz egal ob die Handfläche juckt oder nicht. Trotz dieses Wissens werden die meisten Bulgaren dennoch das Spiel abbrechen, um auf Nummer sicher zu gehen, wenn die rechte Handfläche juckt.
Die Türschwelle
In Bulgarien bestehen diverse Glauben und Bräuche rund um den Schritt über die Türschwelle, der hierzulande eine besondere Bedeutung zugesprochen wird. Wer einen Geschäftspartner und Freund in Bulgarien besucht, darf ihm die Hand nicht über die Türschwelle reichen, denn dies soll sich negativ auf die Beziehung auswirken. Während dieser Brauch sehr verbreitet ist, ist ein anderer in der heutigen schnelllebigen Zeit etwas untergegangen. So soll man beim Verlassen des Hauses stets mit dem rechten Fuß zuerst über die Schwelle treten, damit einem den ganzen Tag lang Gutes widerfährt. Noch wichtiger ist es jedoch, dass man sobald man das Haus verlassen hat, nicht wieder kehrt machen und noch einmal zurück hinein gehen darf. Dies soll ebenfalls Unglück bringen.
Weitere Mythen und Aberglauben
Diese und jede Menge weitere Bräuche lassen sich im Alltag mit den Bulgaren beobachten. Wer beim Essen seinem Gegenüber den Salzstreuer reichen möchte, darf ihm diesen nicht direkt in die Hand geben, sondern muss ihn auf den Tisch stellen, ansonsten soll dies Unheil bringen. Zudem darf man eine Zigarette nicht an einer Kerze anzünden, da dies den Tod eines Seemanns bewirken soll. Die Handtasche darf man niemals auf den Boden stellen, denn wenn man dies tut, würde man arm bleiben. Dreimal wird auf Holz geklopft, um Unheil abzuweisen, besonders wenn man gerade über einen Unfall spricht. Auch wenn man über Pläne redet, auf die man sich freut, wird auf Holz geklopft,damit diese wie geplant stattfinden werden. Ein ganz merkwürdiger Brauch, der bereits viele Touristen schockiert haben wird, ist das Spucken in den Ausschnitt. Wenn man sich erschrocken hat, jedoch nichts passiert ist, soll man sich dreimal in den Ausschnitt spucken, um sich zu beruhigen. Ebenfalls bekannt ist das rote Band am Handgelenk, das vor „bösen Blicken“ schützen soll. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um das Armband zur traditionellen Martenitza. Dies ist nämlich ein rot-weißes Armband, das zum Frühlingsbeginn an der linken Seite des Körpers getragen wird. Hierbei handelt es sich um einen ganz besonders hübschen Brauch, der Bulgarien am 1. März in den Farben Rot und Weiß erstrahlen lässt.
Die Bulgaren lieben ihre Traditionen und Bräuche, die sich hierzulande im Alltag gerne beobachten und in zahlreichen Momenten erleben lassen. Selbst wenn die ein oder andere Sitte für Besucher als äußerst skurril wirkt, sollte man diese Aberglauben einfach mit einem Augenzwinkern annehmen und respektieren, anstatt sich darüber lustig zu machen. Eine kulturelle Bereicherung und neue Eindrücke sind gewiss und äußerst interessant.
Bildquelle:
images.unsplash.com
Danke für diesen Gastbeitrag Anonym
Februar 2020