Abercrombie & Fitch: Nein, danke!

Seit Ende Oktober ist sie nun endlich da – Europas größte Filiale des US-amerikanischen Modegiganten Abercrombie & Fitch mitten in München. Endlich? Ich würde sagen, das ist Ansichtssache. Tausende Teenager, die Woche für Woche in den Laden in einer von Münchens schönsten Geschäftslagen am unteren Ende der Sendlinger Straße pilgern, sehen in dem Sportswear-Filialisten nicht weniger als den Erlöser in Sachen textiler Coolness für Bayern. Der Deal ist so einfach wie brilliant: Tausche T-Shirt mit Lifestyle-Faktor gegen Bares.

Abercrombie & Fitch MünchenVom Campingausrüster zum Modeimperium

Dabei ging es Abercrombie & Fitch nicht immer so gut wie heute. 1892 von David T. Abercrombie gegründet, verkaufte das Unternehmen zunächst Sportbekleidung und Campingausrüstung. In den 1960er Jahren stagnierte das Geschäft, die Umsätze entwickelten sich nicht wie geplant. Rettung war erst 1988 in Sicht: Abercrombie & Fitch Co. wurde von The Limited gekauft und wird seither von Mike Jeffries geführt. Er verordnete dem biederen Sportausrüster eine Radikalur und erschuf das heutige Image von Fitnesskult und trendiger Sportswear, das alle Unternehmen des Konzerns, zu der auch die Surfermarke Hollister und das Unterwäschelabel Gilly Hicks gehören, auszeichnet.

Genau diesem Konzept aus scheinbarer Laid-back-Attitüde und aggressivem Sex-Sells-Marketing verdankt Abercrombie & Fitch nicht nur sein Überleben bis in die heutige Zeit, sondern auch die rapide Expansion, die das Unternehmen seither erfahren hat. Über 1000 Filialen weltweit sprechen eine eindeutige Sprache. Betriebswirtschafltich betrachtet hat man also alles richtig gemacht.

Die Kehrseite der Medaille sieht freilich anders aus. Denn mit dem Imagewandel hat Mike Jeffries bewusst mit den ursprünglichen Werten des Unternehmens gebrochen. Was heute unter dem Namen Abercrombie & Fitch über den Ladentisch geht, hat mit der Idee von David T. Abercrombie nur noch den Namen gemeinsam. Stattdessen wurde ein neuer Wertekanon in die Firmen-DNA implantiert – ein Firmenkanon, der vermutlich nicht nur auf mich alles andere als attraktiv wirkt.

Abercrombie & Fitch MünchenEine neue Agenda für Abercrombie & Fitch

Abercrombie & Fitch steht für Geschmacksvakuum. Wenn von der glitzernden Lifestyle-Welt aus wummernden Bässen, selektiver Beleuchtung und gezielter Beduftung absieht, die das Unternehmen in seinen Filialen erzeugt, gibt es dort nicht mehr und nicht weniger zu kaufen, als Jeans, T-Shirts, Kapuzensweater und Flip-Flops – also Kleidung, die vor allem diejenigen Tragen, die sich nicht für Kleidung interessieren, sozusagen die Uniform des Gehenlassens.

Abercrombie & Fitch steht für Sektiererei. Um die genannten Produkte in solch enormen Stückzahlen überhaupt verkaufen zu können, wird gezielt eine pseudo-religiöse Aura um die Marke erzeugt. Das zentrale Instrument liegt dabei in der gezielten Zerstörung von Selbstwertgefühl und Individualität ihrer Kunden. Wer bei Abercrombie & Fitch kauft, will keinen eigenen Stil, keine profilierte Meinung. Er will so aussehen, wie die halbnackten Sportstudenten, die in den Läden posieren.

Abercrombie & Fitch MünchenAbercrombie & Fitch steht für Diskriminierung und Kinderarbeit. 2005 zahlte das Unternehmen wegen der bevorzugten Einstellung weißer Bewerber Entschädigungszahlungen in Höhe von etwa 40 Millionen Dollar an 10.000 Betroffene, die 2003 wegen Rassendiskriminierung geklagt hatten. Wie 2010 bekannt wurde, wird die Kleidung, die Abercrombie-Fans mit Coolness und Glamour verbinden, darüber hinaus in philippinischen Sweatshops von Kindern produziert.

Jedem sei natürlich eine eigene Meinung zum Phänomen Abercrombie gestattet. Für mich ist und bleibt das Unternehmen die gelebte Antithese von Bekleidungskultur. Deswegen: Nein, danke!

Der Artikel Abercrombie & Fitch: Nein, danke! ist zuerst auf Stilschreiber erschienen.


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