Niemand konnte mir garantieren, dass meine Tochter nach drei Wochen wirklich ein großes Kindergarten-Mädchen ist. Drei Wochen ist eine wirklich kurze Zeit für die sanfte Eingewöhnung. Aber wir hatten einfach nicht mehr Zeit. Der Ernst des Lebens und die Arbeit hatte uns bald wieder. Das musste klappen. Es gab keinen zweiten Boden, kein Sicherheitsnetz, niemand von uns Eltern hatte noch eine freie Woche in der Hinterhand, falls etwas schiefgeht und Mara sich noch nicht lösen kann und absolut noch kein großes Mädchen sein mag.
Der Druck war groß in mir.
Dieser Druck färbte wohl möglich auch auf die Kleine etwas ab. Irgendwie merken Kinder sowas ja immer. Grade dann, wenn man versucht das Ganze enorm geschickt und gekonnte zu vertuschen und extra den Papa die drei Wochen zur Eingewöhnung zu schicken. Nein nein, die Kinder riechen den Braten. Und so kam es auch, dass sie die kompletten drei Wochen, in der Zeit in der man als Elternteil noch mit im Raum ist, permanent auf Papas Arm klammerte und wimmerte.
„Na toll“ dachte ich. Meinem innerlichen Druck ging es dadurch natürlich nicht sonderlich besser. Auch die Tatsache, dass am Ende der ersten Woche die Kinder grade mal einen Tag für 10 Minuten alleine mit der Erzieherin waren, machte mich nervös. Wie soll das in drei Wochen durch sein? Weiß die Erzieherin wirklich was sie tut?
Mein Vertrauen war gleich Null, aber ich musste abwarten, denn eine Wahl hatten wir so oder so nicht.
Im schlimmsten Fall, musste Mara es auf die harte Tour lernen.
In der zweiten Woche ging es auch nicht wirklich voran. Meine Tochter war grade mal 45 Minuten täglich ohne uns. Beim Verabschieden wurde geweint und dann aber fleißig gespielt, ohne Tränen und Drama. Eigentlich gar nicht schlecht. Ich verstand aber nicht, wie man in 7 Tagen von 45 Minuten auf 6 Stunden aufstocken will. Andererseits ist es sicher ausreichend, wenn das Kind das Prinzip der Trennung und der ganz sicheren Abholung begreift.
Hoffnung ist alles.
Dieser Druck machte mich irre. Wir haben auf dem Spielplatz nicht mehr im Wasser geplantscht, sind jedem Durchzug und zu starkem Wind aus dem Weg gegangen, haben im Auto die Klimaanlage ausgeschaltet und waren auch am See nicht im Wasser. Ich wollte einfach kein Risiko eingehen, dass Mara krank wird und sich so irgendwas verzögert. Jetzt im Nachhinein total blöde und unnötig, aber ohne Erfahrung und Vertrauen zu wildfremden Menschen im Kindergarten wird man so paranoid.
Für die letzten beiden Tage der dritten Woche wurde angekündigt, dass dort gegessen und geschlafen wird. Endlich, dachte ich.
Essen kann sie. Das macht sie seit ewigen Zeiten alleine, das wird was. Meine Stimmung stieg. Schlafen konnte schwierig werden. Sie ist so eine Händchenhalterin beim Einschlafen. Keine Ahnung wie man das in der Kita bei einer ganzen Gruppe bewerkstelligen will. Meine Sorgen waren allerdings mal wieder grundlos. Sie schaufelte das Essen inklusive Nachschlag nur so in sich hinein und hat auch direkt 2 Stunden Mittagschlaf dort gemacht.
Mit Händchenhalten.
Jetzt war zum ersten Mal der Punkt gekommen, an dem ich verstand, dass ich ganz umsonst Angst gehabt habe. Dass Mara das schon kann, weil sie ein tolles Mädchen ist. Weil wir sie immer ernst genommen haben, weil wir sie nie haben weinen lassen, weil wir immer da waren, wenn sie uns brauchte und wir sie nie im Stich gelassen haben. Sie hat verstanden, dass wir sie immer wieder abholen, weil sie hier zuhause auch gebraucht wird und ein Teil von uns ist. Das ist es, um was es geht. Vertrauen. Mara muss uns vertrauen, wir müssen Ihr vertrauen und natürlich auch fremden Menschen von denen man rein gar nichts weiß, denn wann redet man denn man über die Wehwehchen der Erzieherinnen?!
Vertraut also mehr auf Eure Kinder. Sie sind ganz tolle kleine Menschen die schon viel mehr können, verstehen und wegstecken als man als Elternteil denkt. Man selbst muss lernen loszulassen und sie gehen zu lassen. Man muss lernen den Tag wieder ohne sie rumzubekommen und sich umso mehr auf sie am Nachmittag zu freuen.
So kam es auch, dass Mara an ihrem ersten Tag allein im Kindergarten bei der Verabschiedung nicht mal weinte. Wahrscheinlich war sie einfach glücklich, abgelenkt, überwältigt und voller Vorfreude auf die Abholung ein paar Stunden später.