Wer ins Okavango Delta auf Safari will, muss je nach Gebiet schnell mal in ein Kleinflugzeug steigen und sich von einem Buschpiloten in das grösste Binnendelta der Welt fliegen lassen. Wir wollten es wissen und begaben uns auf Flugsafari.
Nach unserer bereits recht spektakulären Safari im Chobe Nationalpark (hier unsere Erlebnisreise) wartet das Okavango Delta auf uns. Wir hatten schon viel davon gehört und gelesen und sind gespannt wie eine Wäscheleine auf das grosse Feuchtgebiet!
Wegen unserer Anreise aus Victoria Falls, Simbabwe, werden wir vom einen Fahrer an der Grenze zu Botswana abgeladen, zu Fuss durch das Grenzhäusschen geschleust und an den nächsten Fahrer weitergereicht.
Dieser bringt uns ein paar wenige Kilometer weiter zum kleinen Flughafen von Kasane und reicht uns an einen freundlichen Safari-Angestellten weiter, der unsere Pässe, Flugscheine und das Gewicht unseres Gepäcks kontrolliert (in Kleinflugzeugen sind allerhöchstens 20 kg Gepäck - INKLUSIVE Handgepäck und Kamera - erlaubt). Nachdem es selbst Katja diesmal geschafft hatte, sich beim Packen etwas zurückzuhalten, bestätigt der junge Mann, dass alles okay ist und reicht uns an einen freundlichen Flughafen-Angestellten weiter, der uns durch die Passkontrolle schleust.
Als wir schliesslich auf dem kleinen Flugfeld stehen, verwundert es uns nicht mehr, dass wir nochmal samt Sack und Pack weitergereicht werden. Verblüffend ist diesmal höchstens, dass uns eine junge Blondine im Afrikaans-Akzent in Empfang nimmt und zu einer 4-plätzigen Cessna bringt. „Jaaahh"!
Wohl eine Studentin im Ferienjob. Mit adretter, gelber Warnweste. Wie mann es halt so hat auf dem Flugfeld.
Schön und gut - aber hätte uns der junge Passkontrolleur nicht gleich selber zum Flugzeug bringen können? Sind ja nur ein paar Schritte? Aber fein, Job-Sharing Botswana-Style hat auch etwas charmantes...
Lange bleibt mir aber nicht zum Sinnieren über den volkswirtschaftlichen Sinn oder Unsinn, denn alsobald geschieht Erstaunliches: Die Blondine kauert unter den Flügel und fängt an, mit einem Schraubenzieher (!) an der Cessna herumzumachen, direkt unter dem kleinen Cockpit. In einem ca. 20 Zentimeter kleinen Fach lässt sie mit nur wenig murksen unser Gepäck verschwinden. Dann wird wieder zugeschraubt, die Flugzeugtüre geöffnet und wir werden mit grossen Augen und einem auffordernden Lächeln angeschaut: „ Ready for boarding? "
Äh, wie meinen? Das ist NICHT unsere Pilotin, korrekt?!
Jetzt streift die Gute ihre gelbe Warnweste ab und bringt stolz ihre Pilotenabzeichen auf Brust und Schulterpatten in Stellung: Wir bestaunen gerade Buschpilotin Michaela Meiswinkel. Ihres Zeichens 26 Jahre jung, bereits Instruktorin und eine von nur acht weiblichen Buschpilotinnen im südlichen Afrika!
Mann-o-Mann!
Die erfahrene Pilotin macht die üblichen Checks, konferiert mit dem Tower, schliesst das Fenster und bringt die Cessna und Katja und mich souverän in die Luft. Der Flug über das Okavango Delta ist in der Regel eher unruhig, da die Thermik über den Sümpfen, Flüssen, Steppen, Auen und Lagunen sehr unterschiedlich ist und viele Luftlöcher entstehen lässt.
Ein Ereignis per se! Zumal der Krach im Flieger keine Konversation erlaubt: Ab und zu zeigt Michaela auf eine in grünen und blauen Tarnfarben gehaltene Flugkarte mit vielen Linien und Zeichen. Und dann mit dem Zeigefinger auf das in grün und blau gehaltene Okavango Delta hinunter. Dazu nickt sie vielsagend.
Aha! Alles klar!
Der Landeanflug auf den kleinen Airstrip, die einsame Landebahn aus gestampftem Sand irgendwo im Busch, ist dann auch noch speziell: Zuerst fliegt Michaela in einiger Höhe quer über die Landebahn, um zu prüfen, ob sich keine Gnus, Impalas oder sonstige Unbill darauf befindet. Dann wird in grossem Bogen genau gezielt und punktgenau und butterweich aufgesetzt.
Well done, Michaela!
Buschpilotin aus Leidenschaft
Gross ist die Freude, als wir zwei Tage später Michaela am Abend im Tubu Tree Camp wiedersehen: Wir erfahren, dass sie es wieder ist, die uns am nächsten Morgen zum nächsten Camp, dem vielgelobten Kings Pool, fliegen wird.
Wir essen gemeinsam zu Abend und lassen uns von der leidenschaftlichen Buschpilotin wilde, aeronautische Geschichten auftischen: So wollte zum Beispiel ein Amerikaner nicht in ihre Cessna steigen, als ihm dämmerte, dass Michaela seine Pilotin war.
Am nächsten Morgen wird Michaela zum Airstrip gefahren wird, um ihre Cessna A2-ANT für unseren Flug startklar zu machen. Wir sitzen noch gelassen beim Brunch, als es plötzlich heisst, wir hätten noch etwas mehr Zeit im Camp?
Verduzt schauen wir uns um und bemerken etwas Hektik an den verschiedenen Funkgeräten. Und dann erfahren wir es: Hyänen! Sie haben über Nacht Michaelas Heckflügel und die Reifen abgebissen. Wir stecken fest. Unter hungrigen Hyänen!
Mann-o-Mann-o-Mann!
Glücklicherweise ist der Hub von Wilderness Air in Maun nicht weit entfernt, so dass wir mit ca. 2 Stunden Verspätung von Pikettflieger Kaone (oder „Pink Panther", wie sie den grossgewachsenen, schlaksigen Buschpiloten auch nennen) zu unserem nächsten Ziel ausgeflogen werden.
Die arme Michaela muss noch länger auf einen Mechaniker warten, der ihr den Heckflügel wieder annietet und frischen Gummi bringt.
Ein paar Tage später sehen wir bei unserer Ausreise in Maun die frisch genietete A2-ANT herumstehen. Und auf dem Parkplatz treffen wir per Zufall auch schon die um ein Abenteuer reichere Michaela. Zusammen mit ihrem Freund. Auch ein Buschpilot! Alle beide in fescher Fliegeruniform von Wilderness Air.
„Love in the Bush" sozusagen ;-)