Den heutigen Beitrag starte ich mit einer ganz fiesen Beichte. Ich sehe mich gerade in einer dunklen Kirche in einem kleinen Beichtstuhl sitzen und in etwa folgende Worte sprechen:
Ich bekenne, mit meinem knapp ein Jahr altem Kind eine 20-minütige Folge der Teletubbies auf meinem Ipad angeschaut zu haben. Es geschah an einem Samstag Morgen. Wir hatten vereinbart, dass der Ruhrpapa an diesem Tag ausschlafen durfte. So stand ich um 6.00 Uhr morgens mit dem Kind zusammen auf. Leider war die ganze Woche von der Rückkehr in die Arbeitswelt und insgesamt eher wenig Schlaf gekennzeichnet. Ich war schlichtweg: Furchtbar, furchtbar müde. Die vielen Aufforderungen meines Kindes, zu spielen, konnte ich mit halb geschlossenen Augen zwar wahrnehmen, aber ihnen Folge leisten ging nicht. Es ging nur auf dem Boden hocken. Es tut mir so leid. Irgendwie, ich weiß nicht mehr warum und wieso, gingen meine Gedanken plötzlich Richtung Fernsehen und dann fiel mir diese in den 90er-Jahren viel verrissene Sendung „Teletubbies" ein. Noch schlimmer: Mir fielen Youtube und mein Ipad ein. Und wenn ich sage, ich war zu müde, um zu spielen, dann war ich doch offensichtlich wach genug, um eine Folge zu suchen (eine mit Hund also „Wa-Wa") und anzumachen. Vor meinem Kind, wuah. [Das Wuah hätte ich jetzt in der Beichte nicht gesagt. Denk' es dir weg.] Ich musste nicht viel tun, dass Kind war natürlich interessiert und hat sofort geschaut, was ich mache. So haben wir die ersten drei Minuten zusammen angesehen. Ich beschloss, es gar nicht so schlimm zu finden, wie die Medien der 90er mir eingeimpft haben, und schwupps gingen 20 Minuten um. Wir haben also geschaut, wie man einen Hund versorgt und erzieht, wie man Winke-Winke macht, sich freut, über grüne Wiesen rennt und wer Tinky-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po sind. 20 Minuten, in denen das Kind vollkommen gebannt war, in denen es zurückgewunken und die Sonne angelacht hat. Das ist, was ich getan habe. Es tut mir so leid!
Tja, nun war ich de facto nicht bei der Beichte und muss mich wohl selber lossprechen. Ich habe Sätze im Kopf, wie: Fernsehen für Kinder erst, wenn sie älter sind, nur zusammen mit Erwachsenen, nur zeitlich begrenzt. Mein ungutes Gefühl werde ich so schnell nicht los. Ich frage mich:
„Ab wann darf ein Kind fernsehen? Was ist zu viel? Wann nimmt es Schaden?"
Und so lese ich mich über Berichte von Medienexperten und schau-hin.info um bis zum Bundesministerium für Familie durch. Was ich dabei erfahren habe ist folgendes:
- Eltern betuppen sich beim Thema „Fernsehen & Kind" gerne mal selber. Sie sagen z.B., dass Fernsehen schadet, schauen aber selber viel. Sie sagen, dass jetzt genug ist mit Fernsehen, wollen aber auf keinen Fall ihre Lieblingssendung verpassen. Eine gewisse Inkonsequenz. Und Kinder beobachten ja sehr genau, was Eltern sagen und was sie tun und ob das eine zum anderen passt. (Quelle: Süddeutsche.de)
- Kinder sollten eine dem Alter angemessene Zeitdauer beim Fernsehen nicht überschreiten.
- Das Fernsehen sollte nicht als Ersatz für gemeinsame Aktivitäten mit dem Kind dienen.
- Das ausgewählte Fernsehprogramm sollte keine oder Gewalt zeigenden oder Angst auslösenden Darstellungen zeigen.
- Fernsehsendungen sollten immer gemeinsam geschaut werden, sodass ein Austausch über das Gesehene erfolgen kann oder die Eltern sollten die Sendung sehr gut kennen.
- Kinder unter drei Jahren erkunden vor allem ihre reale Umgebung und können Eindrücke aus den Medien noch nicht hinreichend verarbeiten. Sie sollten daher gar nicht fernsehen oder im Hintergrund berieselt werden. Studien belegen negative Effekte. Daher empfiehlt auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass Kinder unter drei Jahren überhaupt nicht fernsehen sollten, mit Verweis auf die Zunahme übergewichtiger, hyperaktiver oder in ihrer Konzentrationsfähigkeit gestörter Kinder. (Quelle: süddeutsche.de)
Bähm, jetzt hab' ich's mir gegeben. Volle Schlagseite. Nix mit schlechtes Gewissen beruhigen. Ich bin jetzt noch beunruhigter. Mein Kind ist jünger als drei! Rabenmutter ich! Und mein inneres Ich gibt keine Ruhe mehr... Halt, moment mal, ich war ja bei der Beichte, fällt mir da ein. Wie würde denn meine imaginäre Beichtmutter antworten? Vielleicht ja das:
Liebe Ruhrmama, es ist gut, dass du dir Gedanken machst und dass du überlegst, was deinem Kind gut tut und was nicht. Du hast es fernsehen lassen, obwohl es eigentlich nicht gut ist. Du wolltest dir etwas Gutes tun. Aber nicht auf Kosten des Kindes. Bedenke: Eine Mücke macht noch keinen Elefanten. [Das ist vielleicht auch ein für eine Beichte untypischer Satz.] Du hast es einmal getan. Ihr habt es zusammen getan. Ihr habt zusammen gewunken und bestaunt, wie das kleine Mädchen seinen Hund versorgt. Du als Mama hast alles gesehen, was auch dein Kind gesehen hat. Ihr habt nach zwanzig Minuten aufgehört und du warst ein bisschen wacher. Für dein weiteres Leben wünsche ich dir, dass du mehr erholsame Zeiten hast, die dich auch am Morgen wacher machen und dass du beim Fernsehen Ausnahmen zur Regel machst, solange dein Kind noch so klein ist. Sei nicht zu bekümmert, du hast nicht geschadet, du passt auf. Das ist gut. Aber lass' es nicht zur Gewohnheit werden."
Ja, so in etwa könnte es sein. Einmal Teletubbies heißt ja nicht immer Teletubbies. Vielleicht steckt in „Einmal ist Keinmal" doch was Wahres. Das einzige Problem ist die innere Hemmschwelle, die man damit niederreißt und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, es nochmal zu tun. Und das, so hoffe ich, passiert dann in den nächsten zwei Jahren, höchstens nur noch vielleicht vier Male. Zum Glück habe ich mit den Teletubbies aber ein Format gewählt, das laut einer Studie „Kindern viel Freude bereitet, aber für Eltern so ungewohnt ist, dass sie es erstmal kritisch einstufen." (Quelle: Forschungsprojekt Teletubbies).
Noch ein Tipp, gerade für Eltern älterer Kinder: Die kostenlose Broschüre „Geflimmer im Zimmer" vom BMFSFJ, erhältlich hier. Andere Gedanken mit einer anschließenden, weitreichenden Diskussion hat sich der Papa von Papa-Online hier gemacht. Und da gibt es dann noch diesen hemmungslosen Verriss des Fernsehens. Eine Darstellung auf einer Seite für Eltern hochbegabter Kinder mit der ungefähren Aussage: Fernsehen für Kinder ist Körperverletzung. Die Teletubbies nur in Betracht zu ziehen, ist qualitativ minderwertig. (Quelle: mintiki.de)
Achja, ich werde das Problem heute nicht mehr lösen, seufz.
Bis dahin, eine gute Nacht wünscht
P.S. Morgen darf ich ausschlafen!