Die Buchspringer
Mechthild Gläser
Loewe, 2015
978-3785574973
17,95€
Während des Sommerurlaubs auf einer vergessenen Shetlandinsel erfährt Amy, dass sie als Mitglied der Familie Lennox of Stormsay über die Fähigkeit verfügt, in Bücher zu reisen und dort Einfluss auf die Geschichten zu nehmen. Schnell findet Amy Freunde in der Buchwelt: Schir Khan, der Tiger aus dem Dschungelbuch, hat stets wertvolle Ratschläge für sie, während Goethes Werther zwar seinen Liebeskummer in tintenhaltigen Cocktails ertränkt, Amy aber auch ein treuer Freund ist, seit sie ihn vor den Annäherungsversuchen der Hexen aus Macbeth gerettet hat. Lediglich die Idee, Oliver Twist Kaugummi zu schenken, war nicht die beste … Doch bald merkt Amy, dass die Buchwelt nicht so friedlich ist, wie sie zunächst scheint.
Amy ist neugierig, ein bisschen für ihre Mutter verantwortlich und irgendwie hat sie schon immer gewusst, dass sie nicht ganz in die normale Welt hinein passt. Natürlich ist sie mir sympathisch. Immerhin liest sie, was das Zeug hält und will nur Bücher in ihren Koffer packen. Ihre Gabe benutzt sie manchmal sehr eigenwillig, was für ihren starken Charakter spricht, der sich aber erstem Laufe der Geschichte völlig entwickelt.
Die Figuren der Buchwelt sind treffend beschrieben und ich war neidisch, als Amy Schir Khan trifft und ich nicht. Manchmal jedoch fehlt mir noch ein Satz mehr zum Werther. Kennen alle den Werther? Ich glaube nicht und dann wäre eine Erklärung gut gewesen.
Die anderen Menschen der Insel sind verschroben, aber liebenswert. Einige Dinge haben mich amüsiert und andere verwirrt.
“Das Dschungelbuch”, “Der Hund von Baskerville”, “Schneewittchen und die sieben Zwerge” – die Auswahl ist bunt gemischt. Manchmal verbringen wir etwas mehr Zeit in einem Buch oder besuchen die “Zeile”. Etwas dazwischen, in dem sich Buchfiguren treffen, wenn sie gerade in ihrem Buch nicht gebraucht werden. Gerade letzteres ist eine sehr süße Idee.
Manche Beschreibungen sind etwas knapp, aber zum Glück habe ich “Das Dschungelbuch” gelesen und nicht nur den Film gesehen ;) Amy hat einiges verpasst in der Bücherwelt, auch wenn es sie sympathisch macht, dass sie “Momo” mag.
In der Buchwelt geht es ziemlich turbulent zu, dass muss auch Amy merken, als sie das erste Mal in ein Buch hineinspringt. Sie weiß noch nicht lange, dass sie diese Gabe besitzt. Ihre Mutter ist gegen die Gabe, ihre Großmutter drängt sie zum Lesen und die anderen beiden Jugendlichen gucken nicht gerade erfreut. Trotzdem ist Amy Feuer und Flamme für ihre neue Gabe und sucht sich “Das Dschungelbuch” als ihr Buch aus.
Wäre da nicht ihre Neugier, wäre vielleicht alles andere nicht passiert. Aber sie stürzt von einem Abenteuer in das nächste. Lernt viele Figuren kennen, entdeckt, dass sie nicht das hässlichste Mädchen ist und muss nebenbei noch ein Geheimnis lösen. Ob das gut geht?
Die Idee des Buchspringens hat mich amüsiert. Wie gerne wollten wir mal bei den Buddenbrooks am Tisch sitzen? Oder mit Robinson auf seiner Insel sitzen? Für Amy ist dies alles möglich, wobei ich ihre Buchauswahl nicht ganz verstehe. Als sie beginnt auch andere Bücher zu besuchen, bin ich schon viel zufriedener. Es bleibt leider bei Werken, die (fast) jeder kennt. “Oliver Twist” ist hoffentlich jedem ein Begriff, Werther ist sehr oft bei Amy und auch “Der kleine Prinz” ist kein fremder, kleiner Mann. Mit diesen ausgewählten Büchern habe ich zwei Probleme, die aber nicht zueinander passen. Zum einen hätte ich zwei, drei Sätze mehr zur Beschreibung der Ausgangsgeschichte gehabt. Beim Werther wird der Selbstmord in den Raum geworfen und ich denke: “Huch?” Wer es nicht weiß, ist vielleicht erschrocken. Zum anderen hätte ich vielleicht gerne unbekanntere Bücher aus den Weltliteraturen genommen. Frankreich, England, Deutschland: Dickens, Goethe und Saint-Exupéry. Gängig, aber auch abgedunkelt ;)
Manchmal wirkt die Geschichte etwas gehetzt, was vielleicht auch mit der Stahlkonstruktion der Autorin zu tun hat. Manches muss schnell gehen, die Sätze werden immer kürzer, beinhalten einen wichtigen Standpunkt und fertig. Einiges an Zwischentöne geht dadurch verloren und lässt die Geschichte an einigen Punkten nicht rund wirken.
Das ganze Buch spricht einen Buchnerd an. Es kann sich einfach niemand wehren: Das Buch verfügt über Anziehungskraft, die es ihm möglich macht, im Buchladen aufzufallen.
Ich möchte mich unter diesem Unterpunkt zu den Vorwürfen äußern, die ich in anderen Rezension gelesen habe. Es gäbe Bücher mit ähnlichem Inhalt, diese wären besser geschrieben. In dem Zusammenhang tauchte immer Jasper Fforde auf. Ich gebe hiermit zu, dass ich noch kein Buch von ihm gelesen habe. Wenn ich es also wollte, könnte ich die Bücher nicht vergleichen. Ich kann mich also nicht beschweren, finde es aber etwas gemein gegenüber der Autorin zu behaupten, dass sie die Idee abgekupfert hat. Sie hat so etwas nicht verdient, auch wenn ihre Geschichte für mich nicht vollends ausgereift ist, sie verdient genau so eine Chance nicht verglichen zu werden, wie alle anderen Bücher auch.
Mechthild Gläser entführt den Leser in eine sehr schnell Bücherwelt. Oftmals fehlt der Blick zwischen die Bäume, zwischen den Figuren und einfach mal ein Umhergucken mit dem Leser und Amy. Trotzdem sprang der Funke zu mir über und ich mochte die Idee, die hinter den Buchspringern steckt. An manchen Stellen gefällt mir die Sprache nicht, sie wirkt sehr schnell und kippelig, sodass ich mich selbst gestresst fühlte. Mit kleinen Abstrichen bekommen die Buchspringer von mir: