Wenn ich die Gelegenheit bekomme, Heiko Antoniewicz beim Kochen über die Schulter zu schauen und anschließend noch sein Essen verkosten, dann gibt es nur eins – nichts wie hin!
Heiko Antoniewicz ist jemand, der sehr systematisch und präzise an das Kochen herangeht; vielleicht wäre wissenschaftlich sogar ein passender Begriff dafür. Er hat einen Hang zur Molekularküche und zum Fermentieren und arbeitet gern mit technischen Mitteln wie Sous Vide. Und: er weiß nicht nur viel, sondern ist auch ein fröhlicher, zugänglicher Mensch, dem es sichtbar Spaß macht, sein Wissen weiterzugeben. Das gleiche gilt auch für seinen Mitstreiter Adrien Hurnugee – die beiden sind ein Dreamteam in Punkto Wissen und Spaß.
Was mich auch immer freut, ist, dass bei Heiko Antoniewicz nicht so eurozentrisch gekocht wird. Heiko reist gerne und nimmt von überall her Eindrücke mit. Der Gang in den Asienladen ist selbstverständlich für ihn. Adrien kommt übrigens ursprünglich aus Mauritius und benennt als sein Lieblingsgewürz Chili. Für Schwung ist also gesorgt.
Und was gab es denn nun zu erfahren und zu essen? Einen Teil davon habe ich Euch hier bereits vorgestellt, aber es lohnt sich, etwas ins Detail zu gehen. Es geht um vielschichtige Geschmackbilder; Vertrautes und Exotisches werden spannend kombiniert. Und dann braucht man ja auch noch ein harmonisches Zusammenspiel, damit das Ganze nicht in Überforderung endet.
Büsumer Krabbe | Aprikose | Sesam | Chicorée | Oliven
Spricht das nicht für sich selbst? Krabben, süßes Aprikosenpüree, bitterer Chicorée und Olivenpulver.
Gelierter Borschtsch |Sauerrahm |Prasselkohl |Apfelessig |Livarschwein
Heiho kommt aus dem Ruhrgebiet, da gibt es viele Menschen osteuropäischer Abstammung. Klar, dass man Borschtsch auf die Karte setzt. Der Borschtsch kommt als Gelée daher, begleitet von mit etwas Chiliöl aufgepepptem Sauerrahm, gezupftem Schweinefleisch und Wirsingchips. Kohlchips sind ja derzeit ganz chic; wenn Ihr die selbst machen wollt, ist es eine gute Idee, den Kohl vor dem Dörren zu blanchieren, damit der Kohlgeschmack nicht zu dominant ist.
Schellfisch |Bak Kut Teh Sud |Edamame |Paprika
Das ist ein tolles Beispiel, wie man Einflüsse aus anderen Länderküchen in seine Gerichte intergrieren kann – gab es da nicht ganz früher etwas, das sich Fusion Cuisine nannte? Der Schellfisch wird gegart in einem Sud aus Schweinerippchen, wie er für Singapur typisch ist. Dazu gesellen sich Edamame und eine Garnitur aus Pork Floss, also gegartem, gezupften Schweinefleisch, das zusätzlich mit etwas süßer Sojasauce und Chili aromatisiert wird. Alles zusammen überrascht – und harmonisiert wunderbar. Und Ihr bekommt Küchentipp Nummer 2: Fisch immer erst ca. eine Stunde in Salzlake (40 g Salz auf 1 L Wasser) einlegen, so behält er beim Garen immer seine Form.
Lamm |Linsen |Senfkörner |Bumbu Besebgek
Was mich immer freut, ist, wenn ein Produkt in verschiedenen Konsistenzen auf den Teller kommt. Hier sind es die Linsen; diese werden sowohl im Ganzen gegart und als Pürée serviert. Bumbu Besebgek ist eine Currypaste – so mild und ausgewogen, man könnte sie auch löffeln.
Geröstete Gerste |Kaffee |Malz | Rinderbug
Hier ist es an Zeit, ein paar Worte über Kaffee zu verlieren. Immerhin ist der mehr als „nur“ der Wachmacher am Morgen. Kaffee ist auch ein wunderbarer Geschmacksverstärker. Wenn Euch also bei einem Gericht ein eher unbestimmbares „Etwas“ fehlt – Kaffee, in Form von zum Beispiel Kaffeesalz oder Kaffeeöl könnte die Lösung sein.
Süße Kirschtomaten |Mandeleis |Minze |Gewürzsud
Nachtisch! Süßkram ist nicht mein Favorit, aber hier schon. Ja, Tomaten gehen wunderbar in Süß. Vor allem, wenn sie mit Bedacht mit Sternanis, Nelken, Vanille, Zimtblüte und Macis gewürzt werden. Das Eis erspare ich Euch . Die Rezeptur ist einfach, aber die geniale Textur kommt aus dem Paco Jet.
Ihr seht, es war ein toller Abend. Genussvoll, lehrreich und auch lustig. Die AEG Taste Academy ist eine Sache, die ich Euch gerne weiter empfehle. Ein paar Termine gibt es dieses Jahr noch.