Was man während der Zubereitung von Krautfleckerln so alles erfahren kann, ist höchst erstaunlich. Und dass dies noch dazu im Theater franzjosefskai21 von Alexander Wächter stattfindet, noch mehr. Dieser schlüpft dort nicht nur in die Rolle der berühmten Tante Jolesch, sondern schneidet während der Vorstellung Zwiebeln und Kraut, schwingt den Kochlöffel und walkt auch noch gekonnt den selbst produzierten Fleckerlteig aus.
Friedrich Torbergs berühmte, jüdische Tante scheint für die Spielsession bis Mai im Wächter´schen Theater wiederauferstanden zu sein und gibt nicht nur anschaulichen Kochunterricht, sondern auch eine Anekdote nach der anderem zum Besten. Wie jene von der Mär der tschechischen Köchinnen, durch kräftiges Teigwalken einen schönen Busen zu bekommen oder auch jene über die wundersame Wanderung des Haydn-Schädels quer durch Österreich, bis er schließlich 150 Jahre nach seinem Tod wieder glücklich mit dem Rest seines Leibes vereint wurde.
Dass Kaffeehäuser früher nicht zum Essen besucht wurden, die Wahl der Sommerfrische so manche Ehekrise heraufbeschwor, dass in Bad Ischl zur Sommerzeit eine eigene Währung erfunden wurde und sich eine Kinderfrau vor den Menschenfressern in Venedig fast zu Tode fürchtete – all das erzählt Wächters Jolesch-alter-ego im Parlierton aber mit stets wachem Blick auf den Krautfleckerlkochvorgang.
Auf dem historischen alten Sparherd brutzelt und dampft es, dass dem Publikum während der Vorstellung das Wasser im Mund zusammenläuft. Noch dazu, wo es Zeuge der Zugabe einer Geheimzutat für das Gericht wird. „A bißl a Süße“ ist ja allseits bekannt, aber „a bißl a Säure“ entlockte den Zuseherinnen und Zusehern dann doch ein spontanes, allgemein hörbares, schier erkenntnishaftes „Aha“! Die Geschichten über die Emigration der jüdischen Künstlerinnen und Künstler nach Amerika zur Zeit der Naziherrschaft – auch sie werden mundgerecht serviert. Wie jene über die Bitte von Louis B. Mayer, dem Mitbegründer von Metro Goldwyn Mayer, an Marlene Dietrich, ihm doch das Lied vom „lousy service“ vorzusingen. Jenem Evergreen von Peter Kreuder, der hierzulande als Ohrwurm mit dem Refrain „Sag zum Abschied leise Servus“ bekannt wurde.
Dass nach Vorstellungsende alle eine Portion Krautfleckerl serviert bekommen, versteht sich bei Tante Joleschs Gastfreundschaft ja von selbst. Und dass dabei notgedrungenermaßen auch das Geheimnis ihres sagenumwobenen Rezeptes gelüftet wird auch.
Unser Tipp: Für die kommenden Vorstellungen rasch Karten reservieren, der Krautfleckerltourismus ins Theater franzjosefskai21 ist enorm!