99. Die heilige Kuh “Rechte”

Vermutlich würden die Hopi heute weissagen: „Erst wenn das letzte Gedicht verscherbelt, das letzte Foto bei Getty Images, das letzte Buch in Verlagsbesitz und die letzten Filmrechte vergeben sind, werdet ihr merken, dass man Gedanken Anderer nicht verkaufen kann.“

Der nette PR-Gag um die Filesharer-Drohne im All ist erst der Anfang. Auch wenn die Beteiligen es gar nicht wissen oder vielleicht nur ahnen: Wer das Urheberrecht auch nur im geringsten anzweifelt, wetzt ein Messer gegen die heilige Kuh des Kapitalismus – das Privateigentum. Man sollte nicht vergessen, dass die meisten Kriege der Neuzeit darum geführten wurden, um sich die „Rechte“ an irgendetwas zu sichern – Rohstoffe etwa. …

Wer das Urheberrecht anzweifelt, wäre früher als Kommunist beschimpft worden und in Störtebekers Zeiten als „Likedeeler” – als jemand, der etwas mit anderen einfach „gleichteilt“, obwohl er die Rechte an der Beute hat. Daher stehen die Filesharer – auch wenn es sich heute um zum Teil schmierige oder schillernde Gestalten wie Kimble Dotcom handelt – in der historischen Tradition der Linken, ob sie es wollen oder nicht.

Davon will weder die politische Linke in Deutschland etwas wissen noch die Piraten. Nur die, gegen die der Angriff geht – die großen Konzerne, die Privateigentümer an geistigen Schöpfungen sind – haben verstanden und reagieren angemessen und konsequent mit dem totalen juristischen Krieg. / Burkhard Schröder, taz



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