98. Sanktionen oder Wenn die Wirtschaft brummt

Erfahrungsgemäß erfreuen sich Meldungen über Statistik besonderer Aufmerksamkeit. Hier eine besondere Statistik, die nicht ohne Lyrikrelevanz sein dürfte, wiewohl Genaueres schwer zu erfahren ist.

Auch die allzu vornehme Bezeichnung „Sanktionen“ läßt mehr Lücken als sie füllt. Wievielen Leuten wurden 25, 50, 100 % ihrer „Bezüge“ für wie lange gestrichen? Wieviele Lyriker, Lyrikkritiker und andere Arbeitsscheue sind betroffen?* Wie hoch ist die insgesamt eingesparte Summe? Wohin geht das eingesparte Geld: zurück an den Steuerzahler? An die StarmVau (Staatliche Armutsverwaltung)? Prämien für Einsparer? Für Einheizer? Anreize für private Armutsvermittler? Anzeigen zur Unterstützung der notleidenden Presse? Die jedenfalls meldet:

Die Arbeitsagenturen haben im vergangenen Jahr so viele Strafen gegen Hartz-IV-Empfänger verhängt wie noch nie. Die „Bild“-Zeitung berichtete unter Berufung auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit, 2010 seien 828.708 Sanktionen verhängt worden. Das waren 14 Prozent mehr als 2009.

Termin versäumt: Fast 500.000 Hartz-IV-Empfänger sind 2010 nicht wie vereinbart bei den Arbeitsämtern erschienen

Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger 2010

Anzahl zwischen Januar und Dezember 2010 neu festgestellter Sanktionen

  • Deutschland: 828.708
  • Westdeutschland: 555.651
  • Ostdeutschland: 273.057

Mehr als die Hälfte der Sanktionen (498.504) wurden wegen Meldeversäumnissen ausgesprochen. Betroffen waren unter anderem Hartz-IV-Empfänger, die zu vereinbarten Terminen in der Arbeitsagentur nicht erschienen.

Zirka 142.000 Strafen wurden wegen Verletzung der Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung verhängt. Dies betraf etwa Hartz-IV-Empfänger, die keine Bewerbungen geschrieben haben, obwohl sie sich dazu verpflichtet hatten. In 102.631 Fällen wurden Sanktionen ausgesprochen, weil sich die Betroffenen weigerten, eine als zumutbar eingestufte Arbeit, Ausbildung oder einen Ein-Euro-Job anzunehmen.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs (CDU), befürwortete gegenüber „Bild“ das härtere Vorgehen der Arbeitsagenturen gegen Hartz-IV-Empfänger.

Das große Quiz: Was Arbeitnehmer dürfen – und was nicht**

„Wenn die Wirtschaft brummt, muss man von den Arbeitslosen verlangen können, dass sie angebotene Stellen auch annehmen“, sagte er der Zeitung. „Wer vom Staat gefördert wurde, muss sich auch fordern lassen. Das heißt: Angebotene Arbeit muss angenommen werden, Termine bei den Arbeitsagenturen darf man nicht grundlos platzen lassen.“

*) L&Poe ist bereit, Erfahrungsberichte Anonymer Hartzer (AHas) zu veröffentlichen. Im Ernst!

**? Anklicken auf eigene Gefahr (gilt für die Zeitung und erst recht für ihre BILD-Strecken und Quizzen.



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