97. Schreibender Kumpel

Von Lnpoe

1984 schickte ich einen Brief an die Junge Welt. Dort gab es die Poetensprechstunde. Ich stellte mich mit einigen Arbeiten vor. Sie müssen wohl Interesse geweckt haben. Über die Poetensprechstunde kam ich zum Zirkel Schreibender Arbeiter der Wismut. Ich lernte dort den DDR-Schriftsteller Martin Viertel kennen. Er war in seiner Jugend Bergmann wie ich, bei der Wismut. Wir verstanden uns. Er hat mich beraten, begleitet. Viele dieser Gespräche sind mir bis heute wertvoll.

Dabei war mir ja klar: Ich passte genau in das ideologische Raster. Greif zur Feder, Kumpel, hatte es schon in den 60er Jahren geheißen. Noch immer war man als schreibender, gar dichtender Bergmann einer, den man gerne vorzeigte. Die Parteiführung suchte händeringend Leute, die die Arbeit in der Literatur verewigten, mit allem Schweiß und allen Schwielen.

Ich hatte dabei durchaus genügend Selbstvertrauen in mein Talent und habe mich 1985 am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig um ein Studium beworben. Und wurde prompt abgelehnt. Trotzdem ich ein schreibender Bergmann war.

Weil dort in Leipzig nur alle drei Jahre 30 Studenten immatrikuliert wurden, hatte ich erst 1988 meine nächste Chance. Da war ich schon 33. Diesmal wurde ich angenommen. Die Wismut verabschiedete sich von mir mit einem Vorvertrag. Nach dem Studium sollte ich die Leitung des Arbeitertheaters und des Zirkels Schreibender Arbeiter übernehmen. / Jürgen Frühauf, Thüringer Allgemeine