95. Verbindung von Sterbebegleitung und Lyrik

Von Lnpoe

Franco Rest, geb. 1942, lehrte bis 2007 in Dortmund u. wurde – in umfassender Beschäftigung mit seiner Fächerkombination einerseits und als Betroffener andererseits – zum Mitbegründer des Hospizes in Deutschland. Aus seiner Beschäftigung mit Sterbebegleitung (ein Wort, das er für „Sterbehilfe“ gebraucht) ergab sich für ihn der Schritt zur Lyrik. Franco Rest hält Lesungen, so wie am 22.9.2012 in Nordwalde im Rahmen der „Biografie-Tage“, die eindrücklich und vielfach informativ sind. Nachfolgendes Gedicht entstammt dem Band Trotzdemgesänge 

WIEGENLIED
Im Tode zu singen 

Schlaf, Geliebte, schlaf hinüber in mein Herz;
schlaf in meinen Armen, ruh an meiner Brust;
schlaf in meinen Tränen, in den Träumen ruh dich aus;
und vergiss den Harm und vergiss die Lust.
Vergiss, was alles du erlebt mit mir;
vergiss, wem du gehörst;
vergiss auch, wer du selber bist;
vergiss auch den noch, der so nah bei dir.
Vergiss nur alles, was den Schlaf dir stört;
vergiss den Liebsten für die letzte Ruh;
vergiss dein Leben, deine Sehnsucht, jeden Kuss –
nur schlafe ruhig, schlafe stille du.
[…]
Schlaf! Lass ruhen deine zarten Glieder,
die ich oft mit heißem Drang geküsst;
und vergiss, was ich dir angetan,
denn schon balde kehrest du mir im Schlaf zurück.
Schlaf, Geliebte, schlaf hinüber in mein Herz;
schlaf in meinen Armen, ruhe tief in mir;
schlaf in meinen Träumen, in den Tränen ruh dich aus.
Und dort drüben bin ich ganz bei dir!

Ralf Willms