Die Verfasser des Briefs schreiben: »Die Grundrechte der Urheber bzw. der von ihnen beauftragten Rechteinhaber aber werden … marginalisiert.« Die Crux liegt bei den »von ihnen beauftragten Rechteinhaber«. Denn wer sind die? Natürlich die Sender. “Die von ihnen beauftragen Rechteinhaber” ist eine ungemein schönfärberische, genaugenommen verlogene Formulierung. Das reine “newspeak”. Denn die gemeinten Rechteinhaber sind ja keineswegs von den Autoren “beauftragt”. Die Formulierung des Briefes suggeriert, hier hätte man in freier Entscheidung einen Auftrag vergeben, womöglich unter verschiedenen Bewerbern. Einen Auftrag, den man auch hätte nicht vergeben können. Liebe Drehbuchautoren – geht’s noch? Geht’s noch dümmer? Macht Euch doch nicht zu Affen und uns zu Vollidioten. Wir wissen doch alle, dass ihr sauschlecht bezahlt werdet. Von den Sendern. Dass die Sender Euch eure Drehbücher zerpflücken und zerstückeln und sie umschreiben lassen, ohne Euch für zusätzliche Arbeit irgendein ein Geld zu bezahlen. Dass ihr schon vorher kein angemessenes Geld bekommt. Was soll also diese Formulierung? Die Autoren des Briefes haben nicht verstanden, wer sie bezahlt, und wer sie beraubt. Sie stellen diejenigen als Räuber hin, ohne die sie gar keine Arbeit hätten. Um denen zu gefallen, die sie wie Sklavenbesitzer halten, gerade so über dem Existenzminimum. Die sie in verschiedenster Weise demütigen und ihre kreative Leistung gering schätzen. Andersrum gefragt: Was hindert die Sender eigentlich, ihre Autoren ausreichend zu bezahlen, und dafür sämtliche Verwertungsrechte zu erwerben. Dann wären die Kreativen schon mal aus dem Schneider.
Wovon die Verfasser völlig schweigen, ist, dass sie von ihren Auftraggebern ausgebeutet und entrechtet werden, nicht von den Zuschauern. Ihnen fehlt der Mut, irgendetwas gegen die Sender, gegen die Produzenten, gegen Förderer und Politiker zu sagen. Da sind sie zu feige und zu uneinig. Nur zur Politikerschelte langt es, und zur Userschelte, das heißt zur Schelte genau derjenigen, von denen die Unterzeichner noch irgendetwas Gutes zu erwarten hätten. Aber es langt noch nicht mal zu einem vernünftigen Gegenvorschlag der zur Urheberrechtsdebatte, die nicht »kommen wird«, sondern da ist, etwas Substantielles, Neues beizutragen hätte. Sie bringen auch seit Jahren keinen Streik auf die Reihe, wie die Drehbuchautoren in den USA. Das macht den Brief der Autoren so mickrig.
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Wovon auch nie die Rede ist, ist eine weitere Lebenslüge: Die User, auch Zuschauer, oder, je nach Bedarf, die Bürger genannt, haben den »Tatort« längst bezahlt, auch wenn sie ihn nicht mal angeguckt haben. Und zwar doppelt und dreifach: Über TV-Gebühren, über Filmförderung, über Steuergelder.
/ Rüdiger Suchsland, artechock