94. Hans G Helms ist tot

Von Lnpoe

Der 1932 in Teterow in Mecklenburg geborene Helms hatte als Jude das ‘Dritte Reich’ nur mit gefälschten Papieren überlebt und machte sich nach einem Zwischenspiel als Schwarzmarkthändler auf und davon, lebte in Schweden, in Paris und Wien, studierte Sprachen, las Jean Paul, entdeckte Marx und Engels und das Theater am Schiffbauerdamm und traute sich erst 1957 zurück in das ihm so widerwärtige westliche Deutschland. In Köln fand er Anschluss an das Studio für Elektronische Musik des WDR, der ihm als Hörfunkautor fast bis zuletzt die Lebensgrundlage sicherte.

Mauricio Kagel und Stockhausen waren seine Brüder und natürlich der andere große Außenseiter: Arno Schmidt. Noch radikaler als selbst Joyce in seinem Spätwerk hermetisierte und verjuxte Helms die Sprache in der angestrengt ‘Experimentellen Sprach-Musik-Komposition’ ‘Fa:m” Ahniesgwow’ (1959), die selbst den geduldigsten Modernisten mit Feinheiten wie ‘ein neihün flein kon Lübür zeck,/knieweich klumpsupvihlmensch TOrt/wasmaßen umblökkt quärarulerisch/apissaut Trainenfluor heidigutt/prölpsel’ auf eine harte Probe stellte.

…  Als einer der ersten Intellektuellen ließ er sich vom Computer faszinieren. / Willi Winkler, Süddeutsche Zeitung 14.3.

Mit seinen zwischen konkreter Poesie und Musik, Gesellschaftskritik und Sprachwissenschaft changierenden Arbeiten hatte Hans G Helms (*1932) entscheidenden Anteil an den Avantgarde-Bewegungen der Nachkriegszeit. Im Kontakt mit Theoretikern wie Adorno und Kracauer und Komponisten wie Cage und Stockhausen entwickelte er zahlreiche Experimente, darunter die als sein Hauptwerk geltende Sprach-Musik-Komposition „fa:m’ ahniesgwow“ (1959).

Dieses „filigran komponierte Mosaik von äußerster Empfindlichkeit” (Helms), hervorgegangen aus einem gemeinsam mit Komponisten unternommenen James-Joyce-Lesekreis, wurde in diesem Jahr zum ersten Mal vollständig eingespielt (Label: WERGO). / roughblog