93. „Gefetz, Gelitz von Grünerei“

Von Lnpoe

Hopkins ist schwer übersetzbar. Ursula Clemen und Friedhelm Kemp haben sich daran versucht (1954 bei Kösel, 1973 bei Reclam), Wolfgang Kaussen (1993 im Verlag SPQ) sowie Stefan Döring, Gerhard Falkner, Henryk Gericke und Andreas Koziol (1995 bei Galrev). Nun also die in Finnland lebende Dichterin Dorothea Grünzweig, die eine lebenslange Liebe zu Hopkins verbindet, worüber sie in einer Nachbemerkung Auskunft gibt.

„Geliebtes Kind der Sprache“, zu dem parallel eine Hörbuch-Einführung des Münchner Lyrik Kabinetts erscheint, ist ein Buch, dem man anmerkt, dass es aus einer poetischen Leidenschaft geboren ist. Dorothea Grünzweig befindet sich mit ihren Übertragungen ganz auf der Höhe von Hopkins’ bestürzend neuartigen Wortschöpfungen.

Man könnte ein eigenes Wörterbuch des Grünzweig’schen Hopkins-Deutsch zusammenstellen. Wörter und Wortschöpfungen wie „Gefetz, Gelitz von Grünerei“ (Eschenäste), „die tüpflige Hinschwinde-Wange“ (Morgen-, Mittag- und Abendgabe), „Lustiglaschen, an Lindenbäumen“ (Heiterer Bettler) oder gar „Himmels-Hooligans“ und der „lichte Randaliererwind“ müssten darin Platz finden. Da die Ausgabe zweisprachig ist, kann jeder selbst ihre Leistung überprüfen: „Wolken-Bauschball, Fledderbüschel, Flatterhaipfel / brüsten sich, / tollen dann fort auf luft- / Gebauter Durchgangsstraße: Himmels-Hooligans, Gebrüder Lustig, / sie wimmeln; glitzern in Paraden…“. Dorothea Grünzweig, die für ihr eigenes Werk am kommenden Dienstag den ersten Anke Bennholdt-Thomsen-Lyrikpreis der Deutschen Schillerstiftung in Weimar erhält, hat uns einen Hopkins geschenkt, mit dem wir es lange werden aushalten werden. / Volker Sielaff, Tagesspiegel

Gerard Manley Hopkins: Geliebtes Kind der Sprache.
Gedichte. Aus dem Englischen von Dorothea Grünzweig. Edition Rugerup, Hörby 2010. 304 S., 29,90 €.