Hacks ist wieder da. Oder war er vielleicht nie weg? Immerhin findet man ja seine Gedichte bis heute in den Lesebüchern, immerhin ist sein Theaterstück „Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“ aus dem Jahre 1976 eines der meistgespielten deutschen Dramen überhaupt, und immerhin war Hacks in den frühen Jahren der DDR der führende Vertreter einer „sozialistischen Klassik“. Eben deshalb, weil er in seinen Schriften den Kommunismus auch in der Kunst forderte und feierte, und weil ihm schon der Übergang von Ulbricht zu Honecker als Anfang vom Ende der wahren DDR erschienen war, geriet Hacks im Osten aufs Abstellgleis, und im Westen ebenso. …
Auch wer Hacks’ politischen Ideen fernsteht, kommt nicht umhin, die literarische Kapazität dieses Mannes anzuerkennen, der Enzensberger für ein Leichtgewicht hielt und sich lieber an Heine maß. Wer aber Hacks’ politischen Ideen nahesteht – und auch für sie gibt es heute neue Interessenten –, der hat an Hacks’ Einsatz für die sozialistische Klassik das doppelte Vergnügen: ein ästhetisches und ein polemisches. Nun ist bei Suhrkamp auf 1300 Seiten das gesamte kritisch-essayistische Werk von Peter Hacks wiederaufgelegt worden; der Band trägt den Titel „Die Maßgaben der Kunst“, was für Hacks genau dasselbe meint wie das Wort „Ästhetik“. Nicht nur das, er habe, meint Hacks in seiner gewohnt unbescheidenen Art, damit die erste treffende deutsche Übersetzung des Wortes „Ästhetik“ überhaupt gefunden. …
Den literarischen Zeitgenossen in der DDR begegnete Hacks mit wenigen Ausnahmen (Sarah Kirsch etwa) mit Hohn, die Kollegen im Westen wurden regelrecht beschimpft, so beispielsweise Enzensberger 1990 als „greise Fünf-Mark-Hure des Imperialismus“. Schon 1976 hatte sich Hacks mit seiner Stellungnahme zugunsten der Ausbürgerung von Wolf Biermann ins Abseits begeben. Spätestens von dieser Stunde an befand sich Hacks’ literarische und menschliche Reputation in freiem Fall. Und Hacks hasste zurück. Die späten Schriften zeigen einen zunehmenden Groll gegen alle Welt, eine Misanthropie und einen schneidenden Ton der Verachtung, der unterschiedslos jeden treffen kann, der nicht Hacks heißt. / Christoph Bartmann, Die Presse 22.1.