In vier ungewöhnlich grossformatigen Bänden liegt auf über 1800 Seiten das dichterische Werk von Larry Eigner erstmals gesammelt vor. Die Monumentalität dieser Ausgabe entspricht der wahrhaft herkulischen Leistung des Dichters, der aufgrund einer zerebralen Schädigung von Geburt an gelähmt war und allein mit dem Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand tippen konnte, so dass auch jedes Einspannen eines neuen Blattes in die Schreibmaschine wohl einem artistischen (Kraft-)Akt gleichkam. Da Eigner zeitlebens auf die Hilfe von Verwandten und Freunden angewiesen war und sein Zimmer mit den sechs Fenstern zur Strasse hinaus selten und erst in späteren Jahren für Reisen verlassen konnte, ermöglichte ihm vor allem die Schreibmaschine, Kontakte zur Aussenwelt aufzunehmen und eine weitgefächerte Korrespondenz zu unterhalten.
Mit dreizehn brachte sich Eigner selbst das Ein-Finger-Tippen bei, und damit begann die intensivste Erkundung der zweidimensionalen Blattseite in der amerikanischen Literatur. Die Schreibmaschine hatte bereits William Carlos Williams, Marianne Moore, Ezra Pound und vor allem E. E. Cummings in die Lage versetzt, eine vom Autor selbst kontrollierte Darstellung der visuellen Effekte der Dichtung zu unternehmen. Charles Olson erklärte die Schreibmaschine in seinem wegweisenden Essay über den Projektiven Vers (1950) dann zum idealen Instrument: Zum ersten Mal nämlich gestatte sie dem Dichter, jenseits von Reim und Metrum bestimmte Atemeinheiten, Pausen, Silbengefüge und andere die Zeile konstituierende Elemente darzustellen und die intendierte Vortragsweise für den Leser wiederholbar zu machen.
Larry Eigners Schreibmaschinenseite kann tatsächlich als composition by field im Sinne Olsons betrachtet werden. / Jürgen Brôcan, NZZ 9.7.
The Collected Poems of Larry Eigner. Vol. I–IV. Edited by Curtis Faville and Robert Grenier. Stanford University Press, 2010. 1868 S., $ 150.–.