9. November

Erstellt am 1. Januar 1970 von Stefanliebich

Ein Datum für zwei Ereignisse, die verschiedener nicht sein können.
Heute Vormittag ehrten Mitglieder aller Fraktionen der Pankower BVV die Opfer des Holocaust auf den Jüdischen Friedhöfen in Weißensee und Prenzlauer Berg.

Der Tag der - wie Bürgermeister Matthias Köhne treffend sagte - beschönigend als „Reichskristallnacht“ in die Geschichte einging. "Kristallnacht" war eine Wortschöpfung aus dem Volksmund von 1938 und spielte auf die zertrümmerten Scheiben vieler Fenster an, deren Scherben die Straßen bedeckten.

Wenn man schweigend vor diesen Denkmälern steht, verschwimmen Jahreszeiten und Jahrhunderte. Wie weit auch religiöser Wahn und in jedem Jahrhundert die Gier nach Macht und Geld gehen kann, wurde mir kürzlich wieder in Andalusien bewusst.

Die arabische Herrschaft in Spanien schuf ab 711 eine Kultur, in der Muslime, Juden und Christen zueinander fanden. Doch schon 1311 forderte der spanische Klerus die Entfernung der Juden aus allen Staatsämtern, die Trennung der christlichen von den jüdischen Lebensbereichen, die Aufhebung des Zeugnisrechtes für Juden und ihre öffentliche Kenntlichmachung durch das Tragen eines Judenabzeichens. Auch das war nur der Anfang von Tötung und Vertreibung.

Noch heute sind u.a. in Cordoba, Sevilla, Toledo und Granada die wunderschönes Gässchen und Plätze „La Casas de la Juderia“ zu bestaunen. Auch Synagogen. Aber gebetet wird dort nicht mehr. In keiner dieser Städte gibt es noch Jüdische Gemeinden. Das fiel auch Stefan Liebich bei seinem letzten Besuch auf. Er bedauerte sehr, bei den heutigen Kranzniederlegungen zu fehlen. Doch wichtige Debatten und namentlichen Abstimmungen über das Betreuungsgeld und die Praxisgebühr verhinderten seine Teilnahme.

Die Worte von Matthias Köhne endeten mit dem berühmten Zitat des evangelischen Theologen, Martin Niemöller, der die KZ-Haft überlebte. Wenn wir das verinnerlichen und versuchen, danach zu leben, ist ein wichtiger Schritt getan:


„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“