Zwei Auszüge aus einer „Hörbuch“-Kritik, zwei Themen:
1. … ziemlich an der Zielgruppe vorbeigeschossen – nicht zuletzt, weil auch Gotthard Erler nicht darauf verzichtet, eines der windschiefsten deutschen Gedichte vortragen zu lassen, das seit Generationen reimerisch übers Knie gebrochen nur beweist: Lyrik ist anscheinend was für Worthandwerker mit Silberblick.
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit,
Und die Birnen leuchteten weit und breit…
2. … eine CD von Kai Spitzl, „Psst, ich weiß was“, die bei der Zielgruppe schon nach dem vierten Track Widerstand hervorrief. „Das sind ja nur Gedichte!“, sagte das Kind empört, so wie man selbst vor 40 Jahren ausgerufen hat: „Iiieh, Bitterschokolade.“ Aber Gedichte müssen natürlich nicht unbekömmlich sein. Ganz im Gegenteil:
Gedicht „Das Eletelfon“: Das edle Telefon…ähh, nein…das lefe Telefon…
Das Problem dieser weiteren Katzenzunge in Gold – wir wollen uns mit den Prädikaten nicht lumpen lassen – liegt nicht am Rezitator und nur ein bisschen am Inhalt. Problematisch ist vor allem der serielle Charakter der CD. 40 Minuten musikalisch aufbereitete Lyrik am Band, das braucht schon sehr geduldige, kultivierte und sprachverliebte Kinder … oder den fixierenden Sicherheitsgurt bei einer langen Autofahrt: Flucht unmöglich! Dann stellen allerdings auch die Eltern nach dem zehnten Gedicht eine gewisse Übersättigung fest. Man futtert ja auch nicht ungestraft ein Dutzend Pralinen hintereinander weg.
/ Florian Felix Weyh, DLF