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Völlig irritiert nahm Ludwig Bechstein 1821 sein erstes Honorar als Lyriker entgegen. Während seiner Apothekerlehre in Arnstadt hatte er erste literarische Versuche unternommen und auch drei Gedichte an die „D’olzische Jugendzeitung“ geschickt, aber keineswegs mit einem Obulus für die Veröffentlichung gerechnet. Kurz darauf erschien sein erstes Buch, „Thüringische Volksmährchen“, und obwohl Bechstein in den folgenden Jahrzehnten weiterhin viele Gedichte, Romane und Erzählungen veröffentlichte, verbinden wir seinen Namen heute doch zuallererst mit den großen Sagen- und Märchensammlungen.
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Als sich ein Gehörleiden verschlimmert, wendet sie sich verstärkt der Lyrik zu und beschließt mit ihrer Rückkehr nach Arnstadt, Schriftstellerin zu werden. Unter dem Pseudonym „Marlitt“ veröffentlicht sie 13 Romane und wird zur gefragtesten Autorin der Zeitschrift „Gartenlaube“.
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Große Beliebtheit genoss auch der Theologe, Philologe und Pädagoge Wilhelm Hey (1789-1854), der 1932 als Superintendent nach Ichtershausen bei Arnstadt berufen wurde. Aus seiner Feder stammen die Kinderlieder „Weißt du, wieviel Sterne stehen“ und „Alle Jahre wieder“, und er gilt, neben Heinrich Hoffmann von Fallersleben und Friedrich Güll, als Begründer des Genres.
/ Franziska Nössig, Ostthüringer Zeitung 23.12.
Da Weihnachten ist, hier noch ein Gedicht der Marlitt:
Eugenie Marlitt
Schneesturm.
Droben schwarze Wolken jagen
Pfeilgeschwind,
Seine schaurig wilden Klagen
Stöhnt der Wind.
Durch verfall’ner Mauer Spalten
Wirbelt Schnee,
Wie von finst’rer Macht gehalten
Starrt der See.
Und kein goldnes Sterngewimmel
Leuchtet mild,
Wie verschlossen dräut der Himmel
Schwarz und wild…
Da zerreißt der Sturm die mächt’ge
Wolkenschicht
Und ein lichter Stern das nächt’ge
Graus durchbricht!
Strahl ins Herz mir, gold’ner Schimmer,
Lind und sacht. –
Seine Sterne leuchten immer –
Drin ist Nacht!