88. Rollenrede

Ein provokanter Leitsatz steht über dem bitterbösen Dreiteiler „Gottgewimmer“ von Christoph Meckel. „Das Gedicht ist nicht der Ort, wo die Schönheit gepflegt wird“. Diesem Grundsatz aus seiner „Rede vom Gedicht“ (1974) ist der 1935 in Berlin geborene Dichter, Grafiker und Erzähler treu geblieben. …

Ohne Pathos, ohne Klage entsagt Meckel klapprig gewordenen Utopien und zählt die Höllen des gegenwärtigen Weltzustandes auf. Er entwirft Räume, in denen das Licht immer seltener scheint, und Landschaften, in denen der „Fürst der Finsternis“ regiert. In freien Rhythmen mit Anklängen an alte Versformen imaginiert er philosophierend eine „Weltschöpfung“, die ins Leere trudelt. In kunstvoll arrangierten Szenen, in denen Könige ohne Land kommen und gehen, Wiedergänger, Raubtierengel, Strauchdiebe, Mörder, Narren, und reitende Boten ohne Auftrag agieren, kehrt eine Figur immer wieder: ein „Er“, der Gefühle vermeidet und keine Spuren hinterlässt.

Anders als in zeitgenössischer Lyrik üblich, spricht sich ein Ich nur in der Rollenrede aus – mit größtmöglichem Abstand zum Autor. / Dorothea von Törne, Märkische Allgemeine

Christoph Meckel: Gottgewimmer. Hanser, 82 Seiten, 14,90 Euro.

Christoph Meckel liest am 25. November, 20 Uhr, im Peter-Huchel-Haus, Hubertusweg 41, Wilhelmshorst  (Potsdam-Mittelmark). Karten unter  033 205 / 629 63.

 



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