Alfredo Sáenz ist zurückgetreten. Der Vizepräsident der Banco Santander wird an seinem letzten Amtstag eine grosse Aktentasche mitbringen müssen, damit alle Scheinchen Platz haben: Er geht mit einer Abfindung von 88,17 Millionen Euro und einer Lebensversicherung in Höhe von 11,1 Mio. Euro. Doch das ist noch lange nicht alles, was diese Geschichte überaus interessant macht.
Alfredo Sáenz ist ein verurteilter Straftäter. Wegen falscher Beschuldigung war er zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die sozialdemokratische Regierung von Premierminister Zapatero hatte den Banker jedoch in den letzten Tagen der vergangenen Legislaturperiode begnadigt mit der kuriosen Formulierung: “… so dass alle juristischen und sonstigen Auswirkungen der Verurteilung ausser Kraft gesetzt werden, einschliesslich allem, was die Beschäftigung im Bankensektor verhindern könnte.” – Der letzte Teil dieses Satzes war und ist eine echte Überraschung, denn so etwas hatte es in Spanien nie zuvor gegeben.
Von genau diesem letzten Teil handelt die jüngste Gerichtsentscheidung: Das Tribunal Supremo stellte soeben fest, dass dieser Zusatz illegal ist und setzte ihn ausser Kraft. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Regierung und ein beachtenswerter. Denn im Gesetz zur Bankengründung (Real Decreto 1245/1995) ist festgelegt, dass nur “ehrenhafte Personen” im Bankensektor tätig sein dürfen. - Bitte sparen Sie sich an dieser Stelle Ihr hämisches Gelächter noch eine Weile auf, wir kommen schon noch dazu. - Ein vorbestrafter Alfredo Sáenz ist aber nun genau das nicht mehr nach der spanischen Jurisdiktion: eine ehrenhafte Person. Deswegen der Rücktritt mit lächerlichen 88,17 Millionen Euro als Abschiedsgeschenk für “hervorragend geleistete Arbeit”.
88,17 Mio. Abfindung für die plötzlich abhanden gekommene Ehrenhaftigkeit.
Das Gericht macht es sehr deutlich: Die Regierung darf natürlich begnadigen, sie hat das gesetzliche Recht dazu. Aber nur in dem Sinn, als die Gefängnisstrafe nicht vollzogen wird. Das Urteil gegen den Straftäter bleibt bestehen. Sáenz ist und bleibt also ein Vorbestrafter. Deswegen kann die Begnadigung seine “Ehrenhaftigkeit” nicht wieder herstellen und der Herr Delinquent darf nicht im Bankensektor tätig sein. Der zweite Teil des Satzes in der Begnadigung ist daher illegal, so die Richter.
Doch nur die Ruhe, auch dafür gibt es Regelungen, man muss das Ganze nur intelligent genug umstrukturieren. Die Regierung Rajoy bereitet dementsprechend aktuell ein neues Gesetz vor, das eine Liste präsentieren wird, was alles dazu nötig ist, im Bankensektor tätig sein zu dürfen. Darin ist von der Bedingung, keine Vorstrafen aufzuweisen, keine Rede mehr. Man darf in Zukunft (auch) laut Gesetz Delinquent und Banker gleichzeitig sein. Wir finden das nur konsequent und inhaltlich sowieso kongruent. Und Sie?