88. Getarnt

In der FAZ erklärt Liao Yiwu, wie er im Gefängnis schreiben konnte (mit einem Faksimile):

Durch den Küchendienst war mir täglich eine gewisse Auszeit vergönnt. Ich lernte, Flöte zu spielen, und hockte ansonsten für gewöhnlich mit Papier auf dem Schoß auf dem Bettrand und schrieb, Tag für Tag. Mein Bett war ringsherum vollgestopft mit irgendwelchen Zeitschriften, unter denen ich meine Manuskripte verbergen konnte. Um meinem Schreiben den Anschein von Harmlosigkeit zu geben, verfasste ich eigens nebenbei ein paar triviale Erzählungen, die ich den anderen bei Gelegenheit zu lesen gab.

Ich benutzte dafür das minderwertige, fast schon zerfallende Gefängnispapier, etwas anderes gab es nicht. Die Furcht vor Entdeckung ließ mich so tief vornüber gebeugt schreiben, dass meine Nasenspitze beinah das Papier berührte. Ich schrieb in winzigen, ameisengleichen Schriftzeichen und kritzelte auf diese Weise jedes Blatt randvoll; das sparte Papier und erleichterte das Verstecken. Leider nahm dadurch meine Kurzsichtigkeit rapide zu.



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