87. Zu viel Originalität

Von Lnpoe

Die NZZ diagnostiziert grundsätzliche Lesebereitschaft des Publikums trotz deutschsprachiger Avantgardelyrik, schreibt der Perlentaucher:

Auch wenn die Lyrik in Zeitschriften, im Netz oder auf Festivals blüht, meint Jürgen Brocan, macht sich beim Leser Überdruss breit. „Die Lyrik heute gleicht jedoch nicht selten einem Laborversuch, dessen Ergebnisse dem Publikum in komplexen Formeln und Geheimcodes präsentiert werden. Unter diesen Voraussetzungen verwundert ihre Marginalisierung  kaum. Die Erfolge von Autoren wie Michael Hamburger, Ranjit Hoskote oder Les Murray beweisen, dass eine grundsätzliche Lesebereitschaft besteht. Anders als manche deutschsprachige Lyrik machen sie den Leser neugierig und stossen ihn in neue Sichtweisen, aber sie überfordern ihn nicht, weil sie formale Fragen und formale Originalität nicht vor die inhaltliche setzen. Mit Hölderlin möchte man ausrufen: ‘Ich wünschte um alles nicht, dass es originell wäre.’*)“ **)

*) „Ich wünschte um alles nicht, daß es originell wäre. Originalität ist uns ja Neuheit; und mir ist nichts lieber, als was so alt ist, wie die Welt. “

Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Segmente einer vorletzten Fassung, Vorrede. In: ders., Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente in zeitlicher Folge. Hrsg. v. Dietrich E. Sattler (Bremer Ausgabe) Bd. 4, S. 198.

**) Da der Text (noch?) nicht auf der Website steht und die NZZ in Greifswald, wenn überhaupt, erst am nächsten Tag ankommt (ist so weit!), weiß ich nicht mehr. Vielleicht morgen? Oder vielleicht kennt jemand Jürgen Brôcans Mailadresse und könnte ihn bitten, mir seinen Text zu überlassen??