85. Stück: Die besten Filme in 2016

Von Isa09

Das Jahr 2016 war ein sehr filmreiches Jahr – ich habe meine Kino-Abo-Karte großzügig genutzt. Hier kommt nun ein ganz objektives, überhaupt nicht willkürliches Ranking, welche Filme mir am besten gefallen haben. (Anmerkung: Ich gehe nicht vom Produktionsjahr aus, sondern von dem Jahr, in dem ich den Film im Kino gesehen habe).

Top 10 – Diese Filme haben mich 2016 am meisten beeindruckt oder begeistert:

10. „Elvis & Nixon“

„Elvis & Nixon“ von Liza Johnson ist ein wunderbarer kleiner Film, der sowohl die Entertainer-Legende Elvis Presley als auch den Unsympathen vom Dienst Richard Nixon von einer überraschenden Seite zeigt. Michael Shannon und Kevin Spacey spielen ihre Figuren mit einer Freude, die ansteckend ist, und schaffen es, den skurrilen Charakteren etwas Liebenswertes und Menschliches zu verleihen. Außerdem harmonieren die beiden prächtig miteinander und man wird in diesem Film Zeuge wirklich hervorragender Schauspielkunst.

Elvis Presley wirkt einerseits weltfremd und abgehoben, andererseits aber auch rührend kindlich in seinem unbedingten Willen, seinem Land zu helfen. Er erinnert ein wenig an Til Schweiger, der der deutschen Bundeswehr tonnenweise Nutella ins Krisengebiet liefern lässt. Und Richard Nixon wird bei seiner Begegnung mit dem Künstler, den er vorher genervt so schnell wie möglich abwimmeln wollte, plötzlich zu einem umgänglichen, neugierigen und vergnügten Menschen. Wer hätte gedacht, dass diese beiden Persönlichkeiten Gemeinsamkeiten haben könnten?

Fazit: Lohnt sich! Also nicht nur die großen Blockbuster wie „Star Wars: Rogue One“ schauen, sondern ruhig auch mal den leisen, zurückhaltenden Filmjuwelen eine Chance geben.

9. „Hail, Caesar!“

„Hail, Caesar!“ von den Coen-Brüdern macht unheimlich Spaß. Nur schade, dass er so kurz ist, er hätte auch noch ein paar Minuten länger unterhalten. Aber besser so als andersherum. Das Schöne an dem Film ist, dass alle Figuren sympathisch und im Kern eigentlich nett sind. Niemand will hier irgendwem schaden, niemand ist boshaft oder absichtlich gemein. Natürlich haben alle auch ihre Schwächen und Fehler, bauen Mist oder verrennen sich in Ideen, die mit der Realität nicht vereinbar sind. Aber dabei sind die Figuren tapsig und naiv, glauben Gutes zu tun oder bemühen sich wenigstens – das ist zur Abwechslung einfach mal toll.

Fazit: Lohnt sich!

8. „The Revenant“

Nachdem ich „Birdman“ von Alejandro González Iñárritu reichlich langatmig und affektiert fand, war ich skeptisch, ob ich mir „The Revenant“ vom selben Regisseur anschauen sollte. Zum Glück bin ich seit ein paar Wochen stolze Besitzerin eines Kino-Flatrate-Abos. Zum Glück deshalb, weil ich mir den Film sonst aus Geiz und Vorbehalt nicht angesehen und wirklich etwas verpasst hätte. Eines schon mal vorweg: Die Golden Globes sind vollkommen berechtigt und ich denke, der eine oder andere Oscar müsste auch drin sein. Und zwar endlich einmal für Leonardo DiCaprio. Das kann ja wohl nicht angehen, dass er wieder nur eine Nominierung bekommt.

DiCaprio sowie Tom Hardy, Domhnall Gleeson, Will Poulter und alle anderen Schauspieler sind einfach großartig! Das ist fantastisches Handwerk und Talent, das vom Regisseur absolut gekonnt in Szene gesetzt wurde. Die eigentliche Hauptrolle aber spielt die Natur in „The Revenant“. Normalerweise bedeutet es, dass mich die Handlung ins Halbkoma langweilt, wenn mir die tolle Landschaft auffällt. Dann denke ich hinterher: „Na ja … war schön gefilmt *gähn*“ Die Handlung ist hier zwar auch nicht sonderlich komplex, halt eine Rachegeschichte, aber sie ist so eng mit der Natur verflochten, dass sich daraus eine ganz eigentümliche Spannung entwickelt. Trotz der 157 Minuten lief ich keine Sekunde Gefahr einzuschlafen.

Fazit: Der Film ist richtig gut! Unbedingt anschauen!

7. „Die Melodie des Meeres“

„Die Melodie des Meeres“ von Tomm Moore ist ein wunderschöner Zeichentrickfilm. In nostalgisch anmutenden, zweidimensionalen Aquarellbildern und mit liebevoll gestalteten Figuren wird eine Märchengeschichte aus dem Reich der keltischen Mythologie erzählt. Untermalt werden die zauberhaften Bilder von einer geheimnisvollen, keltisch-traditionell klingenden Musik. Das Grundthema sind Verlust und der Umgang mit Trauer und anderen negativen Gefühlen.

Für Kinder könnte das eventuell zu ernst sein und das stille, ruhige, verträumte Erzähltempo zu langsam. Ich hatte zumindest den Eindruck, dass die Kleinen im Publikum ein wenig Schwierigkeiten hatten, sich zu konzentrieren. Leider gibt es nicht viele Erwachsene, die sich ihren Sinn fürs Geheimnisvolle und Magische bewahrt haben, und das nicht als albernen Kinderkram abtun. So wenige Vorstellungen, wie es von diesem kleinen Filmjuwel gab, lassen nicht darauf hoffen, dass es ein größeres Publikum erreicht.

6. „Raum“

„Raum“ von Lenny Abrahamson ist ein stiller Film, der einem an die Nieren geht. Das Erzähltempo ist zwar recht gemächlich und es passiert – zumindest bei der äußerlich sichtbaren Handlung – nicht viel. Dennoch fand ich den Film spannend und ergreifend. Wie die Mutter und ihr kleiner Sohn sich zunächst im Raum ihre eigene Welt aufgebaut haben, um zu überleben, und hinterher erst allmählich wieder Schritt für Schritt mühsam zurück in die wirkliche Welt finden, ist erschütternd und von Brie Larson sowie Jacob Tremblay eindrucksvoll und überzeugend gespielt.

Fazit: Ein ungewöhnlicher Film, der mit leisen Tönen zu berühren weiß. Lohnt sich!

5. „The Big Short“

„The Big Short“ von Adam McKay liefert einen unterhaltsamen und erschütternden Einblick in die Hintergründe der Finanzkrise von 2008. Ich habe mich nie wirklich für Weltwirtschaft interessiert, für Aktienkurse und diesen ganzen Kram. Aber ich kann es nicht leiden, wenn ich etwas nicht verstehe, und während der Krise flogen mir immer mehr völlig unverständliche Begriffe um die Ohren, die mich dann doch neugierig gemacht haben. „Subprimes“, „Hedgefonds“, „CPO“, „Hypothekenanleihen“, … da wird einem schwindelig. Der Film holt so ahnungslose Trottel wie mich, die ernsthaft noch daran glauben, man könnte mit ehrlicher Arbeit einigermaßen reich werden, dort ab, wo sie stehen. Bei den wichtigsten Begriffen hält der Film kurz inne, erläutert die Bedeutung, veranschaulicht das Prinzip mit einem Beispiel, und dann geht es mit der Geschichte weiter.

Für Leute, die sich damit schon gut auskennen, und denen bei diesem ganzen Bankersprech nicht der Kopf schwirrt, ist das womöglich eine störende Unterbrechung des Erzählflusses. Doch mir hat das gefallen, weil ich den Eindruck habe, tatsächlich einiges gelernt und begriffen zu haben. Außerdem ist der Grundtonfall des Films durchaus humorvoll, die Protagonisten irgendwie sympathisch – auch, wenn sie streng genommen ganz schön skrupellose Arschlöcher sind, die sich an der Dummheit und den Träumen armer Menschen bereichern.

Obwohl ich jetzt das Prinzip verstanden habe – es ist eigentlich relativ simpel – bin ich trotzdem fassungslos. Wie! Kann! Man! Nur! Gerade, weil das Prinzip so einfach ist, hätte man es doch als Branchenkenner sofort durchschauen müssen. Das heißt, die Beteiligten haben alle fröhlich mitgezockt und auf die Konsequenzen gepfiffen. Und warum auch nicht? Die Wirtschaft hat sich wieder erholt, das tut sie immer irgendwie, und wer das Geld hat, hat das Sagen. Trotzdem stellt sich mir die Frage: Haben die denn überhaupt gar kein Verantwortungsgefühl? Überhaupt kein Mitgefühl?

Fazit: Ein wichtiger Film, der an die Nieren geht, aber trotzdem unterhält und informiert. Lohnt sich! Und ich schau mir jetzt ein Katzenvideo an, um meinen Glauben an das Gute in der Welt wieder etwas aufzubauen.

4. „Arrival“

„Arrival“ von Denis Villeneuve ist ein ungewöhnlicher Science-Fiction-Film mit zutiefst pazifistischer Botschaft. Da soll noch mal einer sagen, Geisteswissenschaften wären zu nichts nutze. Ha! Bäm! Ätschibätsch! Sind sie nämlich doch! Zumindest, wenn man sich wie Dr. Louise Banks (Amy Adams) in dem Film mit Linguistik beschäftigt und mit Kommunikation auskennt, kann man die Menschheit offenbar vor einem intergalaktischen Mordskonflikt bewahren. Gut, sie bekommt dabei Hilfe vom Mathematiker Ian Donnelly (Jeremy Renner). Und das Militär stellt ihr immerhin die benötigten Mittel zur Verfügung, die wohl insgesamt von Steuergeldern finanziert sein dürften, also hat genaugenommen jeder irgendwie mehr oder weniger dazu beigetragen, dass die Wissenschaftler ihre Arbeit machen können.

Aber nichtsdestoweniger zeigte „Arrival“ ganz deutlich, dass man mit Köpfchen, Miteinanderreden und Völkerverständigung viel mehr bewirken kann, als mit Säbelgerassel, Muskelspielen, sogenanntem Stärkezeigen, Krachbummpardauz-Waffengedöns und dem ganzen restlichen Idiotenkram, den Populisten und ihre Anhänger für so zielführend und zweckdienlich erachten.

Dabei ist die Geschichte ausgeklügelt, raffiniert erzählt, hält ein paar spannende Wendungen parat, konzentriert sich dabei jedoch vor allem auf seine Hauptfigur Louise und ihre Annäherung an die fremde Spezies. Auf diese Weise kann man dem Film optimal folgen und er ist trotz langsamem, ruhigem Erzähltempo keinen Augenblick langweilig.

Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass Zuschauer, die mit anderen Erwartungen in den Film hineingehen – zum Beispiel einen Actionthriller mit Alienmonstern sehen wollen – dem gemächlichen Tempo womöglich mit Ungeduld begegnen. Mich hat’s nicht gestört und ich fand’s super.

Fazit: Lohnt sich auf jeden Fall! Ein kluger Science-Fiction-Film, der zum Nachdenken anregt.

3. „Sausage Party“

„Sausage Party – Es geht um die Wurst“ von Conrad Vernon und Greg Tiernan ist absolut genialer Schwachsinn. Bei diesem krawallklamaukigen Rundumschlag wird so ziemlich jede Regel politischer Korrektheit gebrochen, jedes nur erdenkliche Tabu gebrochen und vermutlich jedem auf den religiösen oder ideologischen Schlips getreten, der sich einen solchen umgebunden hat. Weil das aber so fair verteilt ist und ausnahmslos jeder sein Fett weg bekommt, ist es auf seine Weise auch schon wieder politisch korrekt – ein moralisches Paradox, und das finde ich gut.

Wenn man mal die ganzen Klischees, Vorurteile, im Grunde kleinlichen Streitereien zwischen den Kulturen, so herrlich respektlos um die Ohren gehauen bekommt, merkt man erst recht, wie albern und lächerlich diese eigentlich sind. Ich bin der Meinung, der Film sollte Pflicht werden für den Religionsunterricht an Schulen. So Kinder, das mit den Göttern ist alles Quatsch, das haben sich nur irgendwelche Leute mal ausgedacht, um Sachen zu erklären, die sie nicht erklären konnten, damit sich alle besser fühlen, aber dann haben die Leute das ernsthaft geglaubt, und dann ist die ganze Chose ein minibisschen aus dem Ruder gelaufen. Und schwupps haben wir Weltfrieden. Na ja … man wird doch wohl noch träumen dürfen.

2. „Tony Erdmann“

„Toni Erdmann“ von Maren Ade ist ein ungewöhnlicher und außergewöhnlicher Film. Über 160 Minuten lang kommt er ohne Musik aus, nur die Hintergrundgeräusche sind zu hören. Es gibt keinen Vorspann, der Zuschauer wird in die Handlung mittenhinein geworfen. Eine steile Spannungskurve ist nicht zu erkennen, vielmehr ist es, als würde die Kamera einen zufälligen Lebensabschnitt von Winfried Conradi (Peter Simonischek) und seiner Tochter Ines (Sandra Hüller) einfangen und beobachten. Obwohl es zwischendurch immer wieder Leerstellen und Pausen gibt, in denen scheinbar nichts passiert und die Motivation der Figuren im Dunkeln bleibt, wird der Film nie langweilig. Man bleibt irgendwie am Ball, möchte wissen, wie es weitergeht, hofft für und bangt um Winfried und Ines, dass es ihnen gut geht und sie sich einander annähern.

Die Geschichte ist einfühlsam erzählt, aber es wird nie sentimental. Dafür sorgt der schräge Humor, der die ernsten Themen immer wieder auflockert. Manchmal aber bleibt einem das Lachen im Hals stecken, zum Beispiel, wenn Winfried den rumänischen Arbeitern rät, den Humor nicht zu verlieren, obwohl diese vermutlich bald kein Zuhause mehr haben. Überhaupt ist der Film gespickt von Sozialkritik in alle möglichen Richtungen. Der Kontrast zwischen der armen Bevölkerung in Rumänien und den erfolgsverwöhnten Managern, für die ihre Mitarbeiter bloße Zahlen und Menschenmaterial sind, die aber dennoch feige sind und nicht die Bösen sein wollen, wird deutlich gemacht. Die Schwierigkeiten von Frauen in Führungspositionen, von männlichen Platzhirschen ernst genommen und akzeptiert zu werden, kommt ebenfalls zum Ausdruck. Und schließlich erzählt „Toni Erdmann“ auch von Generationskonflikten, komplizierten Familienbanden … und Liebe.

Fazit: Ein rundum gelungener, besonderer Film, absolut sehenswert!

1. „10 Cloverfield Lane“

„10 Cloverfield Lane“ von Dan Trachtenberg ist ein großartiges Kammerspiel und spannend von der ersten bis zur letzten Sekunde. Es ist allerdings möglicherweise für die Zuschauererwartung etwas ungeschickt, den Titel so nah an den Found-Footage-Film „Cloverfield“ anzulehnen. Viele erwarten daraufhin eine Fortsetzung, ein Spin-off oder ein Prequel – tatsächlich aber haben beide Filme kaum etwas miteinander zu tun. Ich fand’s gut, weil ich nicht so ein ‚creature feature‘-Katastrophenfilm-Fan bin, aber psychologisch feinsinnige Charakterzeichnung, tolle Schauspieler und intelligentes Storytelling liebe.

„Cloverfield“ war von der Machart interessant und das Storytelling war auch da zumindest innovativ. In „10 Cloverfield Lane“ aber wachsen einem die Figuren mehr ans Herz und man fiebert mit ihnen mit; ein wichtiger Aspekt, wenn man nachhaltig Spannung erzeugen und das Publikum in irgendeiner Weise berühren will. Das ist in diesem Film meiner Meinung nach geglückt.

Das liegt nicht nur an dem tollen Drehbuch, dem virtuosen Schnitt und der bedrückenden mise en scène, sondern auch und vor allem an den drei Hauptdarstellern, die sich gegenseitig die Bälle zuspielen. John Goodman als zwielichtiger Verschwörungstheoretiker lässt einem abwechselnd das Blut in den Adern gefrieren und den Wunsch verspüren, ihn in den Arm zu nehmen. Mary Elizabeth Winstead gelingt das Kunststück, ihre Michelle sympathisch wirken zu lassen, obwohl sie es faustdick hinter den Ohren hat und durchaus kratzbürstig und durchtrieben sein kann. John Gallagher Jr. als Emmett wirkt wie jemand, dem man vertrauen kann, aber stimmt wirklich alles, was er sagt?

Anders als zum Beispiel in Quentin Tarantinos Kammerspiel „The Hateful Eight“ wird das Zusammenspiel zwischen den drei eingesperrten, grundverschiedenen Personen nicht langweilig. Vielleicht, weil es nicht so viele Menschen sind, zwischen denen die Handlung zu sehr in Stücke gerissen wird. Die Atmosphäre, die Handlung bleiben hochkonzentriert, konsequent und spannend. Trotzdem gibt es zwischendurch skurrile, absurde Momente, die die nervenaufreibende Spannung zwischendurch ein wenig lösen, sodass sich neue Spannung aufbauen kann. Die ganze Situation im Bunker wirkt kafkaesk. Ohne mehr verraten zu wollen: Das Ende ist auf jeden Fall eine Überraschung und steht im starken Kontrast zum restlichen Film.

Fazit: Ganz unvoreingenommen reingegangen und begeistert herausgekommen. Unbedingt empfehlenswert!