Um der Vernutzung durch Konsum und Verwaltung zu entgehen, verfiel der psychoanalytisch geschulte Dichter zeitweise sogar ins Basteln und Kleben, ins Lallen und Zungensprechen: Kaum eine Quelle, die Zanzotto nicht anzuzapfen verstand. Er dichtete Quasi-Kinderverse. Er besang den Milupa-Brei, zerschnitt Hölderlin-Verse und bediente sich ausgiebig bei Werbebotschaften, um zu jener „Winzlings“-Form zurückzufinden, die funkelnd und flunkernd eine ganze Welt zusammensingt und -reimt: „Schneewittchen Sonnwittchen Nivea / Und schwupp sind die Winzling-linge / Im Supersüßmarkt drinnen …“
Der Träger des Tübinger Hölderlin-Preises 2005 suchte in den Bereichen des Nicht-Wissens und des Unartikulierten, des Anders-Wahren und Halb-Unsinnigen nach poetischem Material. Da ihm die Welt zu leicht verfügbar geworden schien, steuerte er den Mond an. Nur dass die Erde dieser neue Mond hätte werden sollen.
Zanzotto, dessen deutsche Übersetzungen u. a. bei den Verlagen Folio und Urs Engeler Editor greifbar sind, ist 90-jährig in einem Krankenhaus in Conegliano bei Treviso gestorben. / Ronald Pohl, DER STANDARD 19.10.