Der Wiener Digitalpoet Jörg Piringer hingegen sieht innerhalb der Medienkunstszene eine enorme Erwartungshaltung in Bezug auf die Weiterentwicklung mobiler Geräte. In seiner Alphabet-Arbeit ‘abcdefghijklmnopqrstuvwxyz’ erweckt er Buchstaben auf der Leinwand zum Leben, belegt sie in Live-Performances mit dem Klang seiner Stimme und lässt sie computergesteuert sowohl seh- als auch hörbar agieren und interagieren. Über 5000 Mal hat sich seine so entstandene Smartphone-Applikation schon verkauft.
Öffentlichkeitswirksamkeit hin oder her, es zeichnen sich neue Rezeptionswege für Medienkunst und digitale Poesie ab. Der Künstler Johannes Auer jedenfalls experimentiert unbeeindruckt von dem geringen Echo weiter auf dem Feld der digitalen Poesie. Im Januar 2011 hat er mit der Uraufführung der SearchSonata 181 in Stuttgart seine Such-Trilogie vollendet. Dabei werden Sucheinträge aus Google und Co in Lautpoesie transformiert und von einer Sprecherin vorgetragen. Auer hat dem Computer die Regeln vorgegeben, nach denen Worte in Laute umgewandelt werden. Dazu verwendet er einen Textgenerator. Dieser ist eigentlich dazu da, sprechbare Passwörter zu erzeugen.
Für den Künstler sind Passwörter die ‘Sehnsuchtsworte der Maschinen’ – vergleichbar mit den Suchmaschinen-Einträgen als ‘Sehnsuchtsworten der Menschen’. Auer sieht sich in der Tradition des Stuttgarter Kreises um Max Bense, Professor für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Technischen Hochschule Stuttgart. Hier liegen in den 1950er und frühen 1960er Jahren die Anfänge sprachkünstlerischer Arbeit mit dem Computer im Umfeld experimenteller Poesie. / Cara Wuchold, Süddeutsche Zeitung 24.5.