Die schönste Entdeckung war für mich Hoprichs wundersame Fähigkeit, uns mit Brüchen in seinen Gedichten aus einer gerade eingenommenen bequemen Lesehaltung wieder aufzuschrecken. Immer wieder lockt er mit Geläufigem: “Nimmst du mich, so wie ich bin”, ja sogar “Der Mond ist aufgegangen” und “Komm, lieber Mai, und mache”; manche Gedichte (wie “Ende”) schlagen einen ganz Eichendorffsch-volksliedhaften Ton an. Aber dann zieht uns der Dichter den Boden unter den Füßen weg. Immer wieder tauchen im vermeintlich Glatten (denn Hoprich beherrscht die Form und belesen ist er auch) verstörende Bilder auf: “Komm, lieber Mai, und mache / Dich aus dem Staub!”, “Alles ist müd und fern / Mich unterschlägt mein Stern”, “Es wuchern die Läuse / Im Sonnenschein”, “Im Garten der Apfelbaum / … / Verborgen im Wahnsinn des Eden-Ödem”, “Stille Nacht, heilige Nacht! / Bangende vor den Innenräumen / … / Es könnte sein, dass man nicht mehr erwacht”. Das liest man nicht bequem in den Sessel gefläzt. Hoprichs Verse liest man mit gespannter Aufmerksamkeit. / Dirk Uwe Hansen, fixpoetry
Georg Hoprich: Bäuchlings legt sich der Himmel, Gedichte//ca. 100 Seiten, ca. 10 Euro, ISBN 978-3-942901-00-0//Reinecke und Voß, Leipzig 2011