Am Montag starb Franz Josef Degenhardt in einem Land, das längst einen einseitigen Frieden mit ihm geschlossen hatte. Die linke Verblüffung über die schlichte Zahl der Nachrufe, die von der WELT bis zur F.A.Z. beinahe überall erscheinen, verweist nicht nur auf Rundfunk-Sendeverbote und den SPD-Ausschluss des Kommunisten. Es ist der Hass des kleinen Deutschen – von Degenhardt nicht ohne Stolz in der »Großen Schimpflitanei« nachgesungen – der aufmerken lässt.
Degenhardt hat die bürgerlichen Phantasiewelten des Wirtschaftswunders vermutlich nachhaltiger zerstört als irgendein anderer Künstler – in der Sprache schauderhafter Poesie, nicht des empörten Parolengekeifes! Das gilt besonders für den »Deutschen Sonntag«, aber auch für den eigentlichen Hit des Liedermachers: »Spiel nicht mit den Schmuddelkindern«. Heute nimmt ihm das niemand mehr übel, der bösartige Zynismus ist schließlich künstlerischer Beweis neudeutscher Selbstkritik geworden – selbst Degenhardts eindeutige Parteinahme für Kommunismus, Sowjetunion und DKP verbleiben als streitbares skurriles Detail am Rande. / Beatpunk