71. Attacke

Herr Leitner erklärt den Medienleuten die Lyrikszene. Das macht er wie mit seinen Gedichten: so daß die es verstehen. Die Berichte klingen wie Kriegsberichterstattung:

In der Lyrik-Szene regt sich allerdings Widerstand gegen diese Häufung von Preisen: Dichter und Lyrik-Herausgeber wie Anton G. Leitner, Axel Kutsch und Ralf Liebe beklagen eine einseitige «Überförderung» einiger weniger Autoren, die der Gattung Lyrik letztlich wenig nütze. Sie machen sich daher dafür stark, die Vergabe öffentlicher Preisgelder in Deutschland neu zu ordnen.

… Im Gegensatz zu anderen multigeförderten Lyrikern verfüge Gomringer wenigstens noch über Unterhaltungspotenzial, sagt Leitner. Die meisten preisgekrönten Dichter der jüngeren Generation – zum Beispiel Ulrike Almut [sic], Ron Winkler und Daniela Seel – stünden für eine akademisch geprägte Lyrik, die sich dem Leser kaum erschliesse. / Tagesanzeiger

Ich nehme an, der Leser (wirklich?) und die politischen und Politiker-Stammtische werden beifällig nicken. Die wirklichen Probleme in der Literaturförderung stehen nicht in der Zeitung, auch nicht die konstruktiven Vorschläge und Überlegungen, die unterhalb der etablierten Medien vorgetragen werden. Auch nicht die Debatte um Gedichte wie das Auschwitz-Gedicht von Nora Gomringer oder jüngst um ein Gedicht von Norbert Hummelt oder um Gedichte junger Autoren, wie sie an nicht so wenigen Orten stattfinden (die vielleicht nur gemeinsam haben, daß sie vom Betrieb ignoriert werden). Darum geht es in dieser Attacke auch nicht. Das sind keine Aufklärer, sondern schreckliche Vereinfacher. (Darin unserm Grass nicht unähnlich).

In einem hat Leitner recht (aber es überlagert sich mit jener anderen Front):

Gomringer sei ein Beispiel dafür, dass Juroren gerne immer dieselben Autoren auswählen, sagt Leitner, Herausgeber der Zeitschrift «Das Gedicht» und selbst Lyriker. «Die Preise konzentrieren sich auf einen kleinen Kreis von Leuten, die immer wieder ausgezeichnet werden.» Die Jurys machten es sich einfach, wollten kein Risiko eingehen. «Sie denken sich: Da habe ich einen, der hat schon den und den Preis gekriegt, da kann ich nichts falsch machen.»



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