Der Dichter Ulrich Zieger ist ein Liebhaber der Abgeschiedenheit: Sein Lebensweg ist dechiffrierbar als schrittweiser Rückzug in das kontemplative „Gehäus“, das seinem jüngsten Band den Titel gegeben hat. Als er vor zwei Jahrzehnten unter den nervösen Dichtern der „Prenzlauer Berg-Connection“ (Adolf Endler) auftauchte, war spürbar, dass hier eine poetische Stimme von großer Intensität sprach, ein Nachfahre Rimbauds. „Ich bin wahrlich süchtig geworden nach dieser Art des Schweigens“, schrieb Uwe Kolbe über seinen Kollegen, „es geht eine Kraft aus von ihm, die von Gedicht zu Gedicht aufbrandender, zwingender wird.“
Aus dem überreizten Berlin, wo er in die Netzwerke der doppelbödigen Ostberliner Literatur-Dissidenten involviert war, zog sich der Einzelgänger 1989 nach Südfrankreich zurück. Zuvor hatte er sich als Mitherausgeber der Independent-Magazine „Schaden“ und „Verwendung“ betätigt. Zu dieser Zeit entwickelte er seinen luziden Surrealismus, der die Gegenstände seiner Poesie aus den Koordinaten der Alltagsvernunft befreit und in wundersame Schwebezustände versetzt. / Michael Braun, Badische Zeitung
Ulrich Zieger: Aufwartungen im Gehäus. Edition Rugerup, Berlin/Hörby 2011. 140 Seiten, 17,90 Euro.