Victoria Terminus in Mumbai
Vergangenes Wochenende haben wir in Mumbai verbracht. In der Stadt gibt es viele bemerkenswerte Plätze. Doch einige Fragen lassen mich nicht mehr los:
1. Wieso kehren die den Staub vom Boden?
Wir sind morgens 6 Uhr in Mumbai angekommen. Danach sind wir zu unserem Hotel gelaufen. Auf dem Weg dahin habe ich etwas beobachtet, was ich absolut nicht begreifen konnte. Überall sahen wir Männer, die mit Nägeln den Staub zwischen den Pflastersteinen herausgekratzt haben. Anschließend haben die Herren den Staub zusammengefegt. Eigentlich ist das ja nicht schlimm. Grotesk wird das Bild aber dadurch, dass sich in den Straßenrändern die Müllberge nur so stapelten. Anstatt den stinkenden Müll wegzuräumen, wurde lieber der Staub entfernt. Für mich völlig unverständlich, zumal die Wege eine Stunde später wieder genauso aussahen wie zuvor.
2. Warum gibt es nicht überall in Indien so guten Kaffee?
Ich hatte ja schon mal geschrieben, dass es in Indien im Gegensatz zu Sri Lanka Kaffee gibt. Das ist ja eine gute Nachricht. Der Kaffee hat aber meistens nicht die Qualität, wie ich sie mir wünsche. Oftmals bekommt man Instant-Tunke mit Zucker und Milch. Doch in Mumbai gab es etliche Cafés mit ausgezeichnetem Kaffee. Die wurden auch sehr gut von Einheimischen angenommen. Ich frage mich, warum es nicht überall in Indien so guten Kaffee gibt?
3. Wie ist es bei solchen Unterschieden zwischen Arm und Reich möglich, dass es in der Stadt so friedlich ist?
In Mumbai haben wir exzellente Bauwerke, noble Hotels und stilvolle Luxuskarossen auf den Straßen gesehen. Doch wir sind auch vorbeigekommen an simpelsten Zelthäusern. Wir sahen bettelarme Menschen, die auf den Straßen schlafen und täglich um das Überleben kämpfen müssen. Bei diesen enormen Unterschieden ist es für mich unvorstellbar, dass es in der Stadt zu keinen Ausschreitungen kommt.
4. Ist der Bestattungskult der Parsen menschenunwürdig?
Hinter Mauern verborgen: Die Türme des Schweigens
In Mumbai ist der Parsismus verbreitet, eine Religion mit insgesamt recht wenigen Anhängern. Die Parsen verehren alle Elemente wie Luft, Feuer, Erde und Wasser. In der Praxis sieht das dann so aus, dass zum Beispiel fensterlose Feuertempel errichtet werden, in denen eine Flamme als göttliches Symbol bewahrt wird.
Für uns Europäer deutlich extremer fällt allerdings die Art der Bestattung aus. Wer die oben genannten Elemente verunreinigt, landet laut Glauben der Parsen in der Hölle. Deshalb dürfen die Toten nicht beerdigt bzw. eingeäschert werden. Stattdessen legen die Parsen ihre Toten auf sogenannte Türme des Schweigens. Dort freuen sich die Aasfresser über die Leichname. Als Nicht-Parse bekommt man davon natürlich nichts zu sehen. Ich würde bei einer Beerdigung auch keine Touristenschaar um mich herum haben wollen. Dennoch sieht man die großen Vögel über der Stadt kreisen.
Soweit die Fakten. Aber nun stell dir vor, du wirst nach deinem Tod von einem Geier zerlegt. Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen.
Die berechenbarsten Verkehrsteilnehmer: Kühe
5. Warum gibt es so wenige Unfälle?
Ein genau so großes Rätsel für mich ist, warum wir nirgendswo Verkehrsunfälle gesehen haben. Es ist ja toll, dass nichts passiert ist! Wenn ich mir aber den vollkommen chaotischen Verkehr ansehe, dann entzieht sich das meinem Vorstellungsvermögen. Ampelfarben werden in Mumbai meistens ignoriert. Die Fahrtrichtung von Einbahnstraßen wird eh als Richtwert aufgefasst und das Befahren der Gehwege ist selbstverständlich.
6. Könnte das auch in Deutschland passieren?
Direkt mit dem Verkehr hängt dieser Punkt zusammen. Auf unserem Rundgang durch Mumbai habe ich zwei Motorradfahrer beobachtet. Der Eine stand am Straßenrand und hat sich mit einem Fußgänger unterhalten. Der zweite Motorradfahrer wollte sich zwischen dem anderen und einem parkenden LKW vorbeiquetschen und hat dabei das Motorrad des anderen gerammt. In Deutschland würde ich sofort ein Drama inklusive Polizeieinsatz erwarten. Doch diese beiden Herren sahen sich lächelnd an, wechselten mit guter Laune ein paar Worte und die Sache war vergessen. Die beiden Motorradfahrer haben nicht einmal nachgesehen, ob ein Schaden entstanden ist. Ob sich solche Szenen auch in Deutschland abspielen?
7. Igitt.. was ist das denn?
Überall wo wir langliefen, mussten wir nicht nur auf den Verkehr und die Tretmienen am Boden achten. Auch von oben lauerten unangenehme Überraschungen. Häufig floss eine Flüssigkeit von den Hauswänden nach unten. Im ersten Moment ist das ziemlich ekelhaft, wenn man überlegt, was das alles gewesen sein könnte. Im zweiten Moment wollte ich nicht weiter darüber nachdenken.
Ähnlich appetitlich war die Brühe, die uns von unten begegnete. Als Bina über einige Pflastersteine lief, spritzte eine dunkle Flüssigkeit uns bis zu den Knien. Bina ist ab da wie eine Hindernisläuferin über die Gehwege gehopst, um nicht mehr die falschen Steine zu erwischen.