In dem von ihr herausgegebenen Buch „Unterbrochenes Gedicht“ stellt die Literaturwissenschaftlerin Tamar Lewinsky ein vergessenes Kapitel der Holocaustliteratur vor: die jiddisch-sprachige Literatur osteuropäisch-jüdischer Displaced Persons, die diese in den unmittelbaren Nachkriegsjahren verfassten, während sie im besetzten Deutschland auf eine Ausreise nach Palästina oder die USA hofften. Die in diesem Buch erstmals ins Deutsche übertragenen Gedichte und Prosastücke zählen zu den frühesten Versuchen jüdischer Überlebender, sich der erlittenen Katastrophe literarisch zu nähern.
Der Churbn, wie der Holocaust auf Jiddisch genannt wird, umfasste für die Verfasser nicht nur den nationalsozialistischen Genozid, sondern auch unterschiedliche Kriegserfahrungen, die traumatische Begegnung mit der Zerstörung und den Verlust von Familie und Heimat. Darüber hinaus zeugen die Texte von der unmittelbaren und schmerzlichen Begegnung zwischen Tätern und Opfern in der Nachkriegszeit auf deutschem Gebiet. Sie dokumentieren damit auch die Neu-Anfänge der deutsch-jüdischen Beziehungsgeschichte.
Am Mittwoch, 20. Juni um 19 Uhr liest Tamar Lewinsky im Festsaal der Synagoge (Halderstraße 6-8) aus ihrem Buch. Die Lesung ergänzt die aktuelle Wechselausstellung des Jüdischen Kulturmuseums „GEHEN? oder BLEIBEN!“, die sich mit dem Neuanfang jüdischen Lebens im Augsburg der Nachkriegszeit beschäftigt. / Die Augsburger Zeitung
Tamar Lewinsky (Hrsg.)
Unterbrochenes Gedicht
Jiddische Literatur in Deutschland 1944-1950 (Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern, Bd. 7)
2011. IX, 168 S., gebunden
ISBN 978-3-486-70588-1
€ 24,80