Fratzen sickern aus Händen, Mythomanen manteln sich am Tor zu Prozessionen, wir finden Pyramidenschwestern, Würzwürfel, pomadiges Stochern, Bremsbahnen der Hirngespinste. etc.
Jinn Pogys erster Gedichtband, unter dem Titel „Golems Totems – Million-Dollar-Kirschen und verstimmte Vögel“ beim Verlagshaus J. Frank erschienen, birst vor Einfällen. Manche gefallen, zumal wenn sie gewitzt sind: „gestecknadelte Ahnen“. Daneben gibt es auch eingängige Zeilen wie „unterm Satellitenhimmel ein schwerer Mai“, „Rastest du an unseren räudigen Morgenden und dem Lächeln aus Licht“ oder gar etwas problematischer: „schnitzen wir Totenköpfe in die zagen Augenblicke“. Dann wieder findet man ron-winkler-like Zeilen wie „tageswürdiges Abseilen“ oder „ein Huf in die Magengrube“. Einige „soundarten“ klingen an, die man von kookbook-Autoren kennt. Wie bei diesen ist ihre Dichtung eine Synthese aus Abstraktem und Bildreichem, aus thematisch Konzentriertem und sprachtechnisch kunstvoll Abdriftendem. Mal befindet man sich einer „Scheichschleife“, nachdem zuvor surreal ein Hyänenkopf schräg auf der Erdkugel haftete. Dann ein plötzliches „Ficken“ am Anfang eines Gedichts, während das nächste, fast romantisch, beginnt mit „Die Nacht wächst heran“.
So oszilliert der Band zwischen in Demiurgenfeier zusammengeschlackten Sprachkreaturen („Golems“) und den Beobachtungen einer scheinbar seit jeher tumb dastehenden Welt, die aber mehr magische Kräfte besitzen soll, als ihr gemeinhin zugestanden wird („Totems“).
Man wird durchgeschüttelt in dieser Art von Poesie: in der Vielfalt der Themen ebenso wie der Intonationen, saloppen Einsprengsel und exzentrischer Brechungen. / Hendrik Jackson, lyrikkritik.de
Jinn Pogy, Golems Totems – Million-Dollar-Kirschen und verstimmte Vögel, Quartheft 32, 120 Seiten, Verlagshaus J. Frank