„Wenn wir nicht aufpassen, könnte der Tod der ivoirischen Lyrik nah sein“, sagt ein Wissenschaftler, „der sich auch an lyrischen Schreiben versucht“, bei einer Präsentation von 8 Büchern. Unter den 8 Büchern ist nur ein Gedichtband, „Rayons dans la nuit“ von Dakaud Anibié Nestor. Im Zeitraum von mehr als 12 Jahren seien gerade einmal 10 Gedichtbände erschienen. Es gebe viele Gründe für den Rückgang dieses Genres, das seine Wurzeln in Wiegenliedern, Mondscheingesängen und Begräbnisliedern habe, an denen Afrika reich sei. Einer liege im Desinteresse der Verleger, die lieber einen Roman veröffentlichten als einen schwer verkäuflichen Gedichtband. Die alte Debatte vom „Hermetismus der Poesie“ sei wieder entbrannt. Die Leser meinten, Lyrik sei für ein breites Publikum schwer zugänglich, sagt ein Verleger, der anonym bleiben will. Ein anderer Grund sei, daß weder Kritiker noch Lehrer die Fähigkeit zum Lyrikgenießen weitergäben. Sei doch die Lyrik unter allen Formen diejenige, die durch das spielerische Heraustreten aller sprachlichen Möglichkeiten gekennzeichnet sei, lexikalische, syntaktische ebenso wie Klang und Rhythmus. Das Gedicht erlaube Einblicke in das Innenleben eines Autors in einer gegebenen sozialen Sitiuation. Man erinnert sich, daß im Befreiungskampf des schwarzen Kontinents und in der Diaspora die Bewegung der Négritude sich auch auf die Poesie stützte. Gedichtbücher wie „Chants d’ombres“ von Léopold S. Senghor oder „Cahier d’un retour au pays natal“ von Aimé Césaire haben zum Freiheitskampf beigetragen.
Es sei dringend, der Poesie wieder Raum zu geben. Erlaube sie doch auszudrücken, was man fühlt. Die Poesie wecke das Gefühl, das uns erlaube, sensibel zu sein. Deshalb müsse der Ivoirische Staat die Freude am lyrischen Schaffen an die Jugend weitergeben. Seit der Generation von Boté Zady Zaourou, Niangoran Porquet und anderen sei die Lyrik in Agonie verfallen. Man müsse etwas tun. / Jean- Antoine Doudou, Le Patriote