65 years after World War II - Reflections of a Nuremberg prosecutor

65 years after World War II - Reflections of a Nuremberg prosecutor
Vortrag von Prof. Dr. Benjamin Ferencz (Chefankläger in den Nürnberger Einsatzgruppen-Prozessen) im Audimax der Humboldt-Universität, Berlin
Bericht: Der Chefankläger im „größten Mordprozess der Geschichte“, dem Nürnberger Einsatzgruppen-Prozess, Prof. Dr. Benjamin Ferencz, hielt am 28. Mai 2010 einen öffentlichen Vortrag im Audimax der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei (SiPo) und des Sicherheitsdienstes (SD) waren Sondereinheiten des NS-Regimes, welche besonders im Krieg gegen die Sowjetunion 1941-1945 Massenmorde an der Zivilbevölkerung begingen. Mitglieder der Einsatzgruppen waren meist Angehörige der SS, aber auch zahlreiche deutsche Polizeibeamte. Insgesamt ermordeten die Einsatzgruppen ca. eine Million Menschen, darunter Juden, Sinti und Roma sowie politische Gegner des NS-Regimes wie Kommunisten und Partisanen. Die Führer der Einsatzgruppen berichteten stets detailliert über die Tötungsaktionen nach Berlin. Diese Akten wurden nach dem Krieg gefunden und bildeten die Basis für den Einsatzgruppen-Prozess von 1946/47. Der Prozess fand nach dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess unter alleiniger Verantwortung der USA vor einem amerikanischen Militärgericht statt. Alle 22 Angeklagten dieses Prozesses, darunter SS-Gruppenführer Otto Ohlendorf, wurden schuldig gesprochen; 14 erhielten die Todesstrafe. Vier dieser Todesurteile wurden am 7. Juni 1951 vollstreckt, die übrigen wurden in teilweise lebenslange Haftstrafen umgewandelt.
Benjamin Ferencz war mit 27 Jahren der jüngste Chefankläger im Einsatzgruppen-Prozess. Er wurde 1920 in Rumänien geboren und wuchs in den USA auf. Während seines Jurastudiums in Harvard befasste er sich besonders mit Völkerrecht. Während des Krieges kam er zunächst als einfacher Infanteriesoldat nach Europa, erlebte jedoch die Befreiung mehrerer Konzentrationslager. Nach seiner Entlassung aus dem Militär rief ihn jedoch das amerikanische Militärtribunal unter der Leitung von Robert M. Jackson zurück nach Deutschland: Ferencz sollte die Anklage gegen die Kommandeure und Führer der Einsatzgruppen leiten.
Auch nach den Nürnberger Prozessen setzte sich Ferencz weiterhin für den Aufbau eines starken Völkerrechts ein; er gehört zu den Wegbereitern und langjährigen Unterstützern des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag (IStGH). Er veröffentlichte zudem mehrere grundlegende Werke zum Thema und lehrte als Professor für Internationales Recht in New York. Am 27. Mai 2010 wurde Benjamin Ferencz für seinen lebenslangen Einsatz für das Völkerrecht im Auswärtigen Amt mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Der Vortrag von Prof. Dr. Ferencz am 28. Mai stieß auf breites Interesse, das Audimax der Humboldt-Universität war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der über 90jährige bedeutende Zeitzeuge des Weltkrieges, wurde Zeuge schlimmster Menschenrechtsverletzungen und erlebte die Sternstunden der Entwicklung des internationalen Völkerrechts. Er referierte u. a. über seine persönlichen Erfahrungen und ausführlich über seine Ermittlungen gegen die NS-Kriegsverbrecher. Zum Abschluss seines Vortrages machte er den Anwesenden Mut, auch weiterhin für internationale Gerechtigkeit und letztlich weltweiten, dauerhaften Frieden zu kämpfen. Er, der gegen die Täter des größten Massenmords der Weltgeschichte ermittelt hat und sie angeklagt hat, sei ein „optimistic realist“ was die Errichtung wirkungsvoller internationaler Strafmaßnahmen gegen Kriegsverbrechen betrifft.
Organisiert wurde dieser Vortrag von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft sowie dem Lehrstuhl Prof. Dr. Werle für deutsches und internationales Strafrecht, Strafprozessrecht und Juristische Zeitgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Vortrag von Prof. Dr. Benjamin Ferencz im Audimax der Humboldt-Universität (Video)

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