65. tohuwabohu

Es ist wieder soweit: „jazz me, if you can!“
das tohuwabohu 2012 im Schloss Lüntenbeck!
vom 22. bis zum 24. Juni 2012 treffen sich
die Generationen der Jandl-Musik in Wuppertal.

Ernst Jandl würde sagen: Ein tohuwabohu kann etwas Schlechtes sein, ein tohuwabohu kann auch etwas Gutes sein. Und als ein tohuwabohu erscheint unter manchem Blickwinkel Jandls Leben. Seine literarisches Werk spiegelt dieses Durcheinander, das der Dichter mal als Bereicherung, jedoch oft auch als Bedrohung seines Seelenfriedens wahrnahm, zweifach wider: Erstens ist auch bei Jandl das innere Getrieben-Sein der Hauptmotor für eine künstlerische Produktion, die 17 Gedichtbände und zahlreiche ‚freistehende’ prosaische, dramatische, lyrische und wie-auch-immer-zu-nennende Texte umfasst. Zweitens ist das Werk ungewöhnlich bunt: Jandl ist nicht nur ein Konkreter, nicht nur ein Sound-Poet, weder nur visueller Dichter, noch ausschließlich Tiefsinn-Schürfer. Man reduziere ihn nicht auf Wortspiele oder hermetische Dichtung! Jandl ist das alles. Und deshalb nie langweilig.

Der vitalste Aspekt an Jandl ist nicht erst nach seinem Tod die Jandl-Musik: Musik zu, mit und nach Jandl. Der Wiener Wortwinder ist mit Sicherheit der zeitgenössische deutschsprachige Dichter, der am häufigsten von Musikern vertont oder auf andere Weise künstlerisch bearbeitet worden ist und immer noch wird. Denn trifft sein Werk auf weitere Spielernaturen, so ergibt sich fast zwangsläufig eine künstlerische Melange die es in sich hat. Und wie bei Milch und Wiener Kaffee ergibt sich auch bei Musik und Wiener Lyrik eine heiße und spannende Mischung! Bis heute sind, mit und ohne Ernst Jandls Beteiligung, nahezu vierhundert Jandl-Musik-Stücke entstanden.

Der im letzten Jahr verstorbene Dietmar Mues, der viele Jahre mit seinem Freund und Kollegen Dieter Glawischnig in furiosen Konzerten die Gedichte Jandls gesprochen hat, bezeichnete seinen Kontakt mit Jandls Werk als Landung auf dem „Planeten Jandl“. Denn hat man erst einmal einen Fuß auf dieses Rund (oder ist es eckig?) gesetzt, gibt es kein Zurück mehr, stattdessen aber viel zu entdecken: Jedes einzelne Gedicht wieder ein tohuwabohu, hier ist nichts glatt außer der hohen Stirn des Dichters! Es kracht und stampft, es irritiert und brüskiert, es schweigt und harrt der Interpretation. Achtung, da läuft ein Gedicht! (oder fliegt es?) Man sah auch schon Leute lachen.

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